Im Alltag bemerkt man sie selten. Aber wenn es politisch brenzlig wird, dann vermittelt die Anwesenheit der 600 Eufor-Soldaten der Mission Althea in Bosnien-Herzegowina noch immer so etwas wie ein Gefühl der Sicherheit. "Unsere Präsenz ist auch Ausdruck dessen, dass die Eufor bereit und willens ist, für die Sicherheit zu sorgen", sagt der scheidende Eufor-Kommandant Friedrich Schrötter, der am Dienstag die Mission seinem Nachfolger Anton Waldner übergeben hat. "Wir sind ein Rückhalt für das staatliche System, und wenn es gefordert ist, dann können wir auch stärker auftreten."
Die Eufor beruht auf einem Mandat des UN-Sicherheitsrats und ist seit 2004 Teil einer Mission im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU. Im Vorjahr gab es einige EU-Staaten, die im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) dafür lobbyierten, dass die Mission der Eufor in Bosnien-Herzegowina künftig keine "exekutiven Aufgaben" mehr haben und nur mehr der bosnischen Armee bei der Ausbildung und beim Aufbau helfen sollte. Schrötter weist darauf hin, dass die Mandatsaufgabe erstens gar nicht im Bereich des Auswärtigen Dienstes liege und bei der Mission nicht zwischen "exekutiven und nicht-exekutiven Aufgaben" getrennt werden könne.
Wahlen als Knackpunkt
Gemeinsam mit der EU-Vertretung in Bosnien und dem Hohen Repräsentanten Valentin Inzko hat er sich für die Fortführung von Althea eingesetzt. Schrötter denkt, dass es nun am wichtigsten sei, dass die Wahlen, die für 2018 geplant sind, abgehalten und von allen anerkannt werden. Dazu braucht es ein neues Wahlgesetz, das von einer bosnisch-kroatischen Partei eingefordert wird. Die Spannungen in Bosnien-Herzegowina haben in den vergangenen Monaten nicht nur wegen der Forderung nach einem "dritten Landesteil" (Entität) für bosnische Kroaten zugenommen, sondern auch wegen der Weigerung der Vertreter des Landesteils Republika Srpska (RS), Entscheidungen des Verfassungsgerichts zu akzeptieren.
So wurde am 25. September 2016 ein illegales Referendum zur Beibehaltung eines Feiertags durchgeführt. Die US-Regierung unter Barack Obama hat deshalb gegen den prorussischen Präsidenten der RS, Milorad Dodik, am 17. Jänner Sanktionen erlassen. Die EU hat wegen des Widerstands von Frankreich, Italien und Griechenland allerdings nicht mitgezogen und die Sanktionen nicht unterstützt. Dodik tritt seit Jahren für die Sezession der RS von Bosnien-Herzegowina ein.
Munition und Waffen registrieren
"Die EU spielt hier eine Rolle, aber es gibt auch andere Player", sagt Schrötter zum STANDARD. "Die Frage ist; wie sich die Gewichte der einzelnen Positionen verschieben, wenn man Richtung EU oder in eine andere Richtung geht." Schrötter hält jedoch Russlands Ablehnung einer Nato-Erweiterung auf dem Balkan eher für eine Reaktion auf den Konflikt in der Ukraine und kein aktives Intervenieren.
Als Eufor-Kommandant hat er sich in den vergangenen zwei Jahren vor allem dafür eingesetzt, dass Munition und Waffen gemeldet und ordnungsgemäß registriert werden. Damit können Korruption und illegaler Waffenhandel unterbunden werden. Pro Jahr führt die Eufor gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium 100 Inspektionen etwa in Waffenfabriken durch. Bosnien-Herzegowina verfügt zwar mittlerweile über eine nationale Gesetzgebung, die die Registrierung vorschreibt, doch die internationalen Regeln, die zuvor galten, waren genauer. Viele Waffen aus dem Jugoslawienkrieg (1992–1995) wurden bereits vor vielen Jahren eingesammelt und vernichtet.
Entminung bis 2040
Die Eufor hat auch beratende Funktion bei der Entminung, die von den lokalen Behörden organisiert wird. Nach wie vor passieren Unfälle im Land. Erst vor wenigen Tagen starb ein Mann auf einem Traktor, weil er auf eine Mine in dem Ort Čelić aufgefahren war. Ursprünglich dachte man, dass die Entminung – 2,2 Prozent der Landesfläche gelten noch als verseucht – bis 2018 abgeschlossen werden kann. Mittlerweile geht man davon aus, dass das bis 2040 dauern wird. Viele Sprengfallen sind mittlerweile auch von Gestrüpp überwuchert.
Die bosnischen Streitkräfte können im Notfall auch zur Hilfestellung im Katastrophenschutz herangezogen werden – so geschehen im Jahr 2014 bei den verheerenden Überschwemmungen. Allerdings brauchte es eine Verfassungsänderung, um der Armee klarer diese Aufgaben zuzuschreiben. "Der Umfang des Fuhrparks ist relativ gering und der Lufttransport eingeschränkt, es brauchte ein schnelles und stabiles Führungssystem mit mehr Flexibilität und Mobilität, um solche Einsätze leisten zu können", sagt Schrötter. "Wenn man eine Verfassungsänderung machen würde, könnte man aber auch über eine neue Dotierung in die Strukturen und in die Führungsfähigkeit im Fall des Katastrophenschutzes investieren. Das würde der Entwicklung des Landes helfen." (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 29.3.2017)