Aufgefädelt: das Feld der Formel 1.

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Köln – Auch in Melbourne herrschte Langeweile. Wie an einer Perlenschnur gezogen fuhren die Autos beim Auftakt der Formel 1 hintereinander her. Das Überholen ist in der Königsklasse unter dem neuen Reglement noch schwieriger als ohnehin schon geworden. Da passt es, dass Sebastian Vettel den Sieg in der Box holte. Bessere Unterhaltung bietet eindeutig die MotoGP, auch wenn der Vergleich ein wenig hinkt.

"Auf dem Motorrad haben wir, was der Formel 1 fehlt: mehr unterschiedliche Sieger, mehr Überholvorgänge, mehr Action. Es wird mehr Show geboten, das begeistert die Fans", sagte Marc Márquez zuletzt in der "Sport Bild". Und der MotoGP-Weltmeister aus Spanien ist beileibe nicht der einzige Rennfahrer, der diese Meinung vertritt – aus beiden Lagern.

Schon vor einem Jahr hatte sich Lewis Hamilton ähnlich geäußert. "Die MotoGP ist so cool, für den Zuschauer viel aufregender. Ich finde, es ist spannenderes Racing", meinte der damalige Formel-1-Champion und übte so auch Kritik an der eigenen Klasse.

Überholmanöver kaum möglich

Natürlich sind Überholmanöver mit dem Motorrad viel einfacher. Das ergibt sich allein daraus, dass die Bikes im Verhältnis zur Piste sehr schmal sind. Aber die Formel 1 hat es sich in diesem Jahr noch schwerer gemacht. Unter dem neuen Reglement sind die Autos breiter, zudem erzeugen sie deutlich mehr Anpressdruck als zuvor – dadurch sind sie in den Kurven schneller, aber die heftigen Luftverwirbelungen am Heck machen es fast unmöglich, einem Kontrahenten mit geringem Abstand zu folgen.

Das Problem mit dem Überholen sei momentan "vielleicht schlimmer als jemals zuvor", sagte Hamilton in Australien. In dieser Hinsicht ist das neue Aerodynamikdesign wohl ein Fehler, denn das Ergebnis sind weniger Chancen auf Überholmanöver und enge Duelle, doch dem Rennsport fehlt ohne echte Zweikämpfe das Salz in der Suppe.

Ferrari-Pilot Vettel sorgte mit seinem Coup für das Ende der Mercedes-Dominanz und erntete viel Lob, doch es ging dabei etwas unter: dass es im gesamten Rennen ganze fünf (!) Überholvorgänge gab. Ein Jahr zuvor waren es noch 37 gewesen.

Ständige Führungswechsel in der MotoGP

Beim ersten WM-Lauf der MotoGP in Doha, Katar, gab es vier verschiedene Spitzenreiter mit drei verschiedenen Fabrikaten: Andrea Iannone (Suzuki), Andrea Dovizioso (Ducati), Johann Zarco und der spätere Sieger Maverick Vinales (beide Yamaha). Ständig lag ein Angriff in der Luft, in der MotoGP wechselt die Führung nicht selten in drei Kurven dreimal. So etwas wird in der Formel 1 nie möglich sein, das muss es auch nicht. Etwas mehr Grund zum Fingernägelkauen dürfte es aber geben.

Was die TV-Quoten angeht, haben Vettel und Co trotz fehlender Spannung am deutschen Markt weiter klar die Nase vorn. 2,27 Millionen Zuschauer sahen das Rennen am frühen Sonntagmorgen bei RTL im Schnitt, in der MotoGP waren es abends bei Eurosport immerhin 480.000. Den Rang ablaufen wird der Zweiradzirkus der Formel 1 in dieser Hinsicht wohl nie. (sid, 28.3.2017)