Eines der auffälligsten Merkmale der Massenproteste am Wochenende in Russland war die große Anzahl an Jugendlichen – Schülern und Erstsemestlern -, die entgegen dem gängigen Klischee, apolitisch, uninteressiert und passiv zu sein, an den Aktionen teilgenommen haben. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte für das Phänomen eine einfache Erklärung: Die jungen Menschen seien für Geld auf die Straße gegangen, behauptete er.

Es ist kein Zeichen besonderer Originalität, Korruptionsvorwürfe mit der Anschuldigung, die andere Seite sei ebenfalls bestechlich, zurückzuweisen. Aber in einem Punkt hat Peskow recht: Natürlich geht es den Demonstranten ums Geld – um Geld, das seit Jahren in der Bildung oder im Gesundheitswesen fehlt, weil es in die Taschen ranghoher Beamter wandert.

"Otkuda babki" – "Woher ist die Knete?", fragten die Demonstranten daher am Sonntag laut und vernehmlich, nachdem die Regierung bereits seit Wochen zu den über Youtube verbreiteten Vorwürfen der Bereicherung von Premier Dmitri Medwedew schweigt und auch die angebliche Opposition im Parlament keinerlei Anstalten macht, den Fall zu untersuchen. Abenteuerlust und Spaßfaktor mögen die Jugendlichen zusätzlich motiviert haben, auf die Straße zu gehen. Schnöde Gewinnsucht war es mit Sicherheit nicht. Aber das ist für Liebhaber von Luxusuhren wie Peskow natürlich nicht zu begreifen. (André Ballin, 28.3.2017)