Moskau – Russland muss nach Ansicht der Vorsitzenden des Föderationsrates die Massenproteste am vergangenen Wochenende ernstnehmen. "Die Staatsmacht darf nicht so tun, als ob nichts passiert wäre", sagte Valentina Matwijenko am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge in Moskau.
Weder der Kreml noch die Regierung hatten sich im Detail zu den Demonstrationen geäußert, bei denen im ganzen Land Zehntausende Menschen gegen die ausufernde Korruption protestierten. "Wir müssen aktiver den Dialog mit unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft suchen." Matwijenko gilt als Vertraute des Kremlchefs Wladimir Putin.
Der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny hatte zu den Protesten am Sonntag aufgerufen, die jedoch in den meisten Städten nicht genehmigt wurden. Die Polizei soll allein in der Hauptstadt mehr als 1000 Demonstranten festgenommen haben. Nawalny wurde zu 15 Tagen Arrest verurteilt. Die Teilnahme an verbotenen Protesten sei ein Verstoß gegen das Gesetz, sagte Matwijenko. Nach Angaben der Europäischen Journalisten-Föderation wurden 13 Reporter festgenommen, die über die Proteste berichteten.
"Es gibt keine Rechtfertigung für die Schikanen der russischen Sicherheitskräfte gegen die Kollegen", sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall. "Wenn viele Tausend Bürger wegen Korruptionsvorwürfen gegen Spitzenpolitiker auf die Straße gehen, ist es Aufgabe der Medien, darüber zu berichten." (APA, 29.3.2017)