Aleksandar Vučić will vom Premiersamt in jenes des serbischen Präsidenten wechseln. Der Wahlkampf verläuft scharf.

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Nur in einem sind sich alle einig: Die Kampagne ist schmutzig, unerbittlich und erbarmungslos. Den Auftakt für den Schlagabtausch ohne Bandagen gab Premier Aleksandar Vučić, als er bekanntgab, sich persönlich für das Amt des Staatspräsidenten zur Verfügung stellen zu wollen: Seine Konkurrenten bezichtigte er, "Kriminelle und Diebe", Kräfte des alten Regimes zu sein, die an die Macht kommen wollten, nur um wieder plündern zu können.

Regierende Parteien verzichteten auf eigene Kandidaten und stellten sich geschlossen hinter Vučić. Sollte ein Oppositioneller an die Staatsspitze kommen, würde das Serbien destabilisieren. Vučić genieße nun einmal das höchste Ansehen im Volk und habe die besten Siegeschancen.

Das ukrainische Szenario

Als Vučić seine Kandidatur bekanntgab, eröffneten die serbischen Medien, die zum Gutteil unter dem Einfluss der Regierung stehen, ihren Angriffsreigen auf die zwei aussichtsreichsten von zehn oppositionellen Kandidaten: den früheren Ombudsmann Sasa Janković und den ehemaligen serbischen Außenminister und Präsidenten der UN-Vollversammlung Vuk Jeremić. Janković beschuldigt man, vor vielen Jahren einen Freund umgebracht zu haben, Jeremić wird in Zusammenhang mit dem bis heute ungeklärten Tod zweier Soldaten gebracht.

"Sie wollen das mazedonische oder das ukrainische Szenario in Serbien herbeiführen", donnerte Vučić in der Wahlkampagne, die nur einen Monat dauert, aber umso heftiger ist. Das Ziel seiner Gegner sei es, Serbien zu destabilisieren, hinter ihnen stünden finstere Machtzentren. Doch er, Vučić, werde das nicht zulassen. Der Premier, der nun Präsident werden will, präsentiert sich als der Saubermann, der die einfachen Menschen vor einer "gierigen Bande" beschützen möchte.

Vučićs Dominanz

Vučić dominiert die Wahlkampagne. Die Medienagentur Kliping gibt in einem Bericht an, dass er zu 67 Prozent in TV-Programmen vertreten sei. An zweiter Stelle liege Jeremic mit 7,75 Prozent. Als Ministerpräsident besuchte Vučić vergangene Woche Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin und Anfang dieser Woche Wladimir Putin in Moskau. Er wolle Serbien in die EU führen und zugleich an der "historischen Freundschaft" mit Russland festhalten, lautet sein Mantra.

Den Umfragen nach hat Vučić gute Aussichten, schon in der ersten Wahlrunde zu siegen. Für den zum Autoritären neigenden Politiker, der sich wie ein Volkstribun anstellt und seine Macht über Regierung, Parlament, Justiz und Polizei im Volkswillen bestätigt sieht, wäre ein Ergebnis unter 50 Prozent eine Niederlage. Ein zweiter Wahlgang würde sich in ein Volksbegehren für oder gegen seine Herrschaft verwandeln.

Sowohl Janković als auch Jeremić sind unabhängige Kandidaten. Ersterer zählt auf linksliberale, der Zweite auf national-konservative Stimmen. Beide bezeichnen Vučić als Diktator, einen notorischen Lügner und Populisten, beschuldigen ihn der Vetternwirtschaft und Korruption. Beide bezeichnen die Wahlen als unfair und undemokratisch, weisen darauf hin, dass Vučićs SNS Angestellte in staatlichen Betrieben und Beamte unter Druck setze, für ihn zu stimmen.

Die Entscheidung des Premiers, überhaupt für das Amt des Staatspräsidenten zu kandidieren – der ähnlich schmale Befugnisse wie in Österreich oder Deutschland hat -, erklärt das Wochenmagazin Vreme, eine der wenigen Vučić-kritischen Zeitungen, mit seinem "Machthunger". Er würde nach einem Sieg eine Marionette als Premier einsetzen und de facto ein Präsidialsystem führen.

Für eine Sensation sorgte mit bisher guten Umfrageergebnissen Ljubisa Preletacević Beli, eine Kunstfigur, hinter der Luka Maksimović (26) aus der Provinzstadt Mladenovac steht. Seine Bewegung Sarmu probo nisi ("Du hast das Wickelkraut nicht probiert") ist eine Parodie auf das politische System. Er könnte viele der Politik Überdrüssige und Junge zu den Urnen locken und so Vučić Probleme machen: Je größer die Beteiligung, desto schwieriger wird es, im ersten Wahlgang über 50 Prozent der Stimmen zu bekommen. (Andrej Ivanji aus Belgrad, 1.4.2017)