Adele, Justin Bieber, Beethoven und Mozart: Diese Fab Four durften Schimpansen beschallen – doch ihre Wirkung verpuffte komplett.
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York/Wien – "Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält ...": Über ein Jahrhundert ist seit Rilkes "Der Panther" vergangen, und in dieser Zeit haben sich die Zoos der Welt gewaltig gewandelt, um ihren Tieren ein artgerechteres und ganz einfach lebenswerteres Dasein zu ermöglichen.

Denn Platz- und Reizmangel führen dazu, dass Tiere in Gefangenschaft Stereotypien genannte Verhaltensanomalien entwickeln. Ein Beispiel dafür ist das sogenannte Weben: monotone Pendelbewegungen, die man unter anderem schon bei Pferden, Elefanten und Bären beobachtet hat.

Kampf der Langeweile

Um den langweiligen Alltag ihrer Schützlinge etwas aufzupeppen, haben Zoowärter die verschiedensten Strategien entwickelt: Spielzeug im Gehege platzieren, das Futter verstecken oder es in Nahrungsspendern verteilen, deren Öffnen Geschicklichkeit erfordert, interessante Düfte versprühen und so weiter. Und immer wieder wird es bei Schimpansen, da sie doch unsere nächsten Verwandten sind, auch mit Musik versucht.

Ein Team um die Psychologin Emma Wallace von der Universiät York hat die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme nun überprüft. Die Forscher stellten in den Schimpansengehegen des Zoos von Edinburgh und des texanischen National Centre for Chimpanzee Care vereinfachte Jukeboxen auf. Auf diesen konnten die Primaten unter den Höhepunkten des menschlichen Musikschaffens auswählen: Auf dem Menü standen Beethoven und Mozart ebenso wie Adele und Justin Bieber. Ebenfalls möglich war die Option "Stille".

Unterschiede zwischen Menschen und anderen Affen

Die Ergebnisse des Experiments fielen ernüchternd aus, wie die Forscher im Fachblatt "Plos One" berichten. Die Reaktion der Schimpansen auf Musik ließ sich nämlich am ehesten unter "net amol ignorieren" zusammenfassen. Sie zeigten nicht nur keinerlei statistisch erkennbare Vorliebe für Klassik oder Pop. Aus ihren Eingaben ließ sich auch nicht ableiten, dass ihnen Musik per se lieber wäre als Stille – oder umgekehrt. Das Resümee des Versuchs lautete, dass Schimpansen die akustische Hintergrundkulisse schlichtweg vollkommen egal zu sein scheint.

Ähnliche Resultate hatten schon frühere Experimente mit Orang-Utans gezeigt – diese konnten nicht zwischen Musik und digital verzerrten Geräuschen unterscheiden. Das Künstlerpaar Laurie Anderson und Lou Reed schwor zwar Stein und Bein, dass seine schlagzeilenträchtigen Konzerte für Hunde nicht für die Katz seien. Unter den Menschenaffen hingegen könnte unsere Spezies vielleicht doch die einzige sein, die Musik schätzt, sagt Wallace.

Ein positiver Aspekt bleibt Zoowärtern immerhin: Sie dürfen gerne weiterhin zu ihrer eigenen Erbauung Musik hören, wenn sie sich im Gehege aufhalten. Sie stört ja offensichtlich nicht. Die Tiere sollten nur – wie wir Menschen eigentlich auch – bei Bedarf die Möglichkeit haben, sich der Beschallung zu entziehen. (Jürgen Doppler, 30. 3. 2017)