Bild nicht mehr verfügbar.

Im Februar 2002 läutete der Honda-Roboter Asimo als erstes nichtmenschliches Wesen den Handel an der New Yorker Börse ein – und in übertragenem Sinn das Zeitalter der computergesteuerten Veranlagung.

Foto: Reuters

Wien – Robo Advisor – ein Schlagwort geistert durch die Welt der Anlageberatung. Was nach einer futuristischen Szenerie klingt, ist eigentlich schon längst gelebte Realität. Es geht im Grunde darum, die Dienstleistungen eines herkömmlichen Finanzberaters zu digitalisieren und zu automatisieren. Bereits umgesetzt hat dieses Konzept etwa die Linzer Partner Bank, und zwar in Form einer sogenannten hybriden Robo Advisory. Das entspricht im Endeffekt einem klassischen Berater inklusive IT-Unterstützung.

"Geldgeschäft ist Vertrauenssache", betont Bankvorstand Andreas Fellner die Bedeutung eines menschlichen Ansprechpartners. Dazu bedient sich sein Haus in Österreich selbstständiger Vermittler, "die als Berater agieren". Für deren Service müssen die insgesamt rund 18.000 Kunden Geld in die Hand nehmen, und zwar in Form einer Gebühr "in absoluter Höhe". Im Gepäck hat der Berater den von der Partner Bank entwickelten Robo Advisor. Dieser klassifiziert Anleger anhand eines Fragenkatalogs nach Kriterien wie Lebenssituation, Risikoneigung oder Anlagehorizont und ordnet sie entsprechenden Zielportfolios zu. Dieses Vorgehen vereinfache und beschleunige Abläufe, führt Fellner die Vorteile ins Treffen, und stelle die Einhaltung regulatorischer Erfordernisse sicher: "Es geht bei allen in diese Richtung."

Verbreitung nimmt zu

Tatsächlich nimmt die Verbreitung dieser Robo Advisors, auch losgelöst von menschlichen Beratern, stetig zu. Der Fokus liege auf Privatanlegern, die keinen Zugang zu herkömmlicher Kundenberatung im Private Banking hatten, meint Professor Teodoro D. Cocca von der Johannes-Kepler-Universität Linz in einem Kommentar in Finanz und Wirtschaft. "In gewissem Sinn ähnelt ein derartiges Angebot einem kostengünstigen Vermögensverwaltungsmandat." Veranlagung und Umschichtungen erfolgten im Hintergrund, ohne dass sich der auftraggebende Kunde weiter darum kümmern müsse.

Die meisten Anbieter investieren die Kundengelder dann wie die Partner Bank über passive Indexprodukte (ETF). Einerseits, da diese günstig seien, sagt Fellner unter Verweis auf höhere Kosten klassischer Investmentfonds: "Man tut sich leichter, nur Gebühren von 0,75 Prozent pro Jahr zu verlangen." Zudem würden ETFs eine gewisse Diversifizierung der Anlagen sicherstellen. Die jeweilige Asset Allocation, also die Aufteilung auf verschiedene Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen, wird in seinem Haus aber weiterhin aktiv gemanagt. "In der laufenden Veranlagung trifft der Robo Advisor keine Entscheidungen."

Einen Schritt weiter

In diesem Punkt ist das Wiener Fintech-Start-up Moomoc einen Schritt weiter. Einerseits erfolgt laut Geschäftsführer Thomas Vittner auch die Veranlagung automatisch, zudem werde direkt in Einzelaktien investiert. Denn ETFs haben aus seiner Sicht einen Nachteil: Man könne damit den jeweiligen Index nicht schlagen. Genau das hat Vittner aber vor: "Wir wollen mit dem Produkt in allen Marktphasen positive Renditen erzielen." Besonders in Abwärtsphasen erhofft er sich eine deutlich bessere Entwicklung. "Die Spreu wird sich bei Korrekturen vom Weizen trennen."

Zunächst klassifiziert ebenfalls ein Robo Advisor die Kunden und macht Vorschläge, welche der insgesamt 20 verschiedenen Anlagestrategien für den jeweiligen Kunden als geeignet erscheinen. Umgesetzt wird die jeweilige Strategie dann vollautomatisch unter den Aktien des S&P-500-Index sowie des deutschen Leitindex Dax. Dabei sei das Mischen mehrerer Strategien durchwegs sinnvoll, da das laut Vittner den Gesamtertrag glättet. Diese sehr aktiven Handelsstrategien habe Moomoc selbst entworfen und mit historischen Kursen getestet, ob sie die erwünschten Resultate erzielen. "Dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie auch in Zukunft funktionieren werden", erklärt Vittner. Grundsätzlich handle es sich um kurzfristigen Handel mit hoher Rotation bei den Aktien. Je nach gewählter Strategie können diese im Mittel nur wenige Tage gehalten werden.

Derzeit verwaltet die im September gestartete Moomoc einen siebenstelligen Betrag an Kundengeldern. Die Ziele sind aber durchaus ambitioniert, wie Vittner über die Vision seines Start-ups sagt: "Wir wollen die Nummer eins unter den Robo Advisors werden."

Nur ein Zwischenschritt

Im Grunde handelt es sich dabei um sogenanntes Algo Trading, bei dem Programme nach vorprogrammierten Regeln selbstständig an den Börsen handeln. Wenn es nach Professor Cocca geht, ist das aber nur ein Zwischenschritt: "Eine höhere Ebene hin zu einer Form künstlicher Intelligenz würde dann erreicht werden, wenn Algorithmen mit Lernfähigkeit entwickelt würden." Es werde bereits intensiv daran gearbeitet, durch das Verarbeiten großer Mengen an historischen Daten die Regeln und Gesetzmäßigkeiten der Finanzmärkte und des Entscheidungsverhaltens der Investoren zu erkennen. Ein selbstlernender Algorithmus, der das für eigene Entscheidungen nutzt, sollte aus Sicht von Cocca bald keine Utopie mehr sein.

Die größte Herausforderung ist dabei laut Cocca die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine: "Es bleibt die zentrale Frage in der Vermögensverwaltung, ob der Mensch einem solchen Robo Advisor tatsächlich vertrauen und ihn als Ersatz für eine menschliche Beratung sehen würde." (Alexander Hahn, 30.3.2017)