Sommerlicher Eislaufverein-Platz mit "Sand in the City" und Hotel Intercontinental, vom Konzerthaus aus gesehen – noch ohne Wohnturm.

Foto: Heribert Corn

Wien – Die Wiener Planungsstadträtin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) geht in Sachen Heumarkt in die Offensive: Vor einer knappen Woche hat Vassilakou einen Brief an die Direktorin der Unesco in Paris, Mechtild Rössler, geschrieben, in dem sie sich gegen "absurde und nachweislich falsche" Darstellungen rund um das umstrittene Neubauprojekt im dritten Wiener Gemeindebezirk wehrt. In dem Brief, der dem STANDARD vorliegt, heißt es: Die falschen Behauptungen habe just Icomos Österreich aufgestellt – jener "Internationale Rat für Denkmalpflege", Abteilung Österreich, der die Unesco in Sachen Weltkulturerbe berät.

Immer Ärger um den Turm

Wie berichtet, hat die Unesco gedroht, Österreich auf jene "rote Liste" zu setzen, die im schlimmsten Fall zur Aberkennung des Weltkulturerbestatus für die Innere Stadt Wiens führen kann – wenn man nicht vom geplanten Wohnturm mit 66 Meter Höhe absehe. Vassilakou steht, nach einem langjährigen Projektierungsprozess, zu den Plänen des Investors Michael Tojner und seiner Firma Wertinvest. Diese sehen den Turm – in bereits reduzierter Höhe – vor, nebst einem Neubau des Hotels Intercontinental sowie Sanierung und Umbau des Eislaufvereins.

Icomos habe nun, schreibt Vassilakou erbost an die Unesco, die UN-Organisation "falsch und irreführend" darüber informiert, dass besagter Wohnturm am Heumarkt quasi nur der erste Schritt sei. Der "Masterplan Glacis" der Stadtplanung ermögliche mindestens sechs weitere Hochhaus-Standorte, alle entlang der Ringstraße, am Rande der Wiener Innenstadt, wo sich historisch das Vorfeld der mittelalterlichen Stadtmauer, das einst unbebaute "Glacis", befand.

Keine weiteren Hochhäuser

Vassilakou bestreitet in dem Brief energisch die Absicht, weitere Hochhäuser zu errichten: "Wahr ist vielmehr, dass in der gesamten Inneren Stadt der Bebauungsplan, der die rechtliche Grundlage für Bauführungen darstellt, ausschließlich die Bauklassen eins bis fünf (maximale Gebäudehöhe 26 Meter) vorsieht." Es seien keine weiteren Hochhäuser geplant. Vassilakou: "Um hier auch für die Zukunft unmissverständliche Klarheit zu schaffen, bereiten wir einen Beschluss des Wiener Gemeinderates vor, der Hochhausentwicklungen in der Inneren Stadt explizit ausschließen soll." Das bekräftigte Vassilakou auch bei der Ö1-Sendung "Im Klartext" Mittwochabend.

Die Vizebürgermeisterin geht in ihrem Brief einen Schritt weiter und greift Icomos direkt an: Es falle ihr schwer, "darin keine bewusste Fehlinterpretation zu vermuten". Was, übersetzt, wohl bedeuten soll: Icomos informiere die Unesco in Paris bewusst falsch, um ein ihr nicht genehmes Projekt zu torpedieren. Von Icomos war vorerst dazu keine Stellungnahme zu bekommen.

Grüne positionieren sich

Die Schärfe der Auseinandersetzung um das Areal rund um Konzerthaus und Wiener Eislaufverein hat auch mit innerparteilichen Problemen Vassilakous zu tun. Teile der Wiener Grünen wenden sich gegen das Projekt und wollen in einer Urabstimmung über den Flächenwidmungsplan abstimmen.

Prominente Befürworter wie Gegner haben sich bereits via Facebook geoutet: Christoph Chorherr und Anwalt Georg Bürstmayr sind dafür, auch die Grüne Wirtschaft Wien lobt das Projekt. Die Grünen Bezirksvorsteherinnen und -vorsteher (Uschi Lichtenegger, Leopoldstadt, Thomas Blimlinger, Neubau und Silvia Nossek, Währing) haben sich auch für das Heumarkt-Projekt ausgesprochen. Dagegen sind Kultursprecher Wolfgang Zinggl, Peter Pilz und der Grünen-Bezirkschef der Inneren Stadt, Alexander Hirschhauser.

Wann Vassilakou im Wiener Gemeinderat das Hochhaus-Verbot für die Innere Stadt zur Abstimmung einbringen will, steht noch nicht fest. (Petra Stuiber, 31.3.2017)