Werbung für das Echtshopping machte der Modehandel heuer mit diesen Sackerln. Die Klagen, dass für solche Aktionen immer weniger bleibt, nehmen zu.

Foto: David Bohmann

Wien – In drei Metern Höhe dienten Textilien als dekorativer Blickfang und waren doch ein Stein des Anstoßes. Die Behörde bemängelte das fehlende Preisschild.

Der Sprossenabstand des Treppengeländes wurde weiteren Modehändlern zum Verhängnis: Der gesetzlich festgelegte Abstand variiert nämlich je nach Bundesland um einen Zentimeter.

Ein Tortenmesser erwies sich für einen anderen Betrieb als fatal. Gefahr für Leib und Leben machten Arbeitsinspektoren darin aus – und pochten auf entsprechende Aufklärung der Mitarbeiter.

Jutta Pemsel sieht in Österreich nicht nur einen, sondern eine ganze Ranch an Amtsschimmeln, die den Unternehmern die Motivation raubten: "Mitunter fragt man sich schon, was in den Köpfen der Kontrolleure vorgeht." Pemsel ist Obfrau des Bundesgremiums des Modehandels. Ihre Branche ist mit 3700 Betrieben und 41.400 Mitarbeitern die zweitgrößte des Einzelhandels – und dient ihrer Ansicht nach als gutes Beispiel für die Fülle an Vorschriften, die es hierzulande einzuhalten gelte – auch wenn der Textilmarkt weit weniger Risiken berge als etwa das Lebensmittel- und Chemiegeschäft.

Doppelt soviel für Bürokratie wie für Werbung

Die Klagen in der Branche seien lauter geworden, also gab die Wirtschaftskammer bei der KMU Forschung eine Studie in Auftrag. Diese kommt zum Schluss: Modehändler geben doppelt so viel für Bürokratie aus wie für Werbung.

Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern sehen sich dadurch mit monatlichen Kosten von mehr als 1000 Euro belastet. Unter dem Strich würden vier Prozent ihres Umsatzes rein in Bürokratie fließen. Um allen Informationspflichten nachzukommen, brauche es im Schnitt 45 Stunden pro Unternehmen und Monat. Um alle Regelungen zu erfüllen, seien noch einmal 31 Stunden erforderlich.

In Summe schlage sich das mit jährlichen Gesamtkosten von gut 50 Millionen Euro zu Buche, erhoben die Marktforscher. Allein im Arbeitsrecht gebe es rund um Bereiche wie Altersteilzeit, Weiterbildungs- und Kinderbetreuungsgeld sechs, sieben Änderungen im Jahr. 72 zentrale Adaptionen zählt die KMU Forschung seit 2005. Österreichs Arbeitszeitgesetz enthalte überdies nahezu viermal so viele Wörter wie das deutsche.

Pemsel fordert nun Deregulierung und mehr Augenmaß. Konkret überdacht gehöre etwa das Kumulationsprinzip im Verwaltungsstrafrecht, das für hohe Strafen auch bei kleineren Verstößen sorge. "Wir zahlen brav Steuern. Lasst uns in Ruhe arbeiten." (vk, 30.3.2017)