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US-Außenminister Rex Tillerson (links) bei seinem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan in Ankara. Die bilateralen Beziehungen sind alles andere als problemfrei.

Foto: Yasin Bulbul/Presidential Palace/Handout via REUTERS

Ankara/Athen – Die Kurdenmiliz in Syrien, der Prediger Fethullah Gülen in Pennsylvania, der iranisch-türkische Geschäftsmann und Erdogan-Freund Reza Zarraf im New Yorker Gefängnis, das Laptop-Verbot für Flüge auch aus der Türkei in die USA: Als Rex Tillerson am Donnerstag erst dem türkischen Premier, dann dem Präsidenten seine Aufwartung macht, ist die Liste der türkischen Beschwerden noch um zwei Punkte länger geworden.

Der US-Außenminister muss bei seinem Besuch in Ankara auch erklären, was es mit der Verhaftung eines Vizepräsidenten der staatlichen türkischen Halkbank in New York auf sich hat; und wie es sein kann, dass die US-Botschaft in Ankara neun Tage nach dem Putsch vom 15. Juli vergangenen Jahres den angeblichen Koordinator Adil Öksüz am Handy anrief. Für die Regierung ein klarer Beleg, dass die USA beim Putsch die Hände im Spiel hatten.

Tillerson sitzt auf den Polstersesseln seiner Gastgeber wie ein Haribo-Bär. Freundlich, kuschelig, ungerührt. Erst nach dem Treffen mit seinem Amtskollegen Mevlüt Çavusoglu gibt er wenige, allgemein gehaltene Kommentare ab. Die USA seien immer ein Verbündeter des türkischen Volks, versichert Tillerson. Und fruchtbar seien die Gespräche gewesen.

Hungerstreik angekündigt

Ob Tillerson bei seinen Treffen die Menschenrechtslage in der Türkei ansprach, war zunächst unklar. Mehr als 150 Journalisten sitzen mittlerweile im Gefängnis, der inhaftierte Co-Vorsitzende der prokurdischen Parlamentspartei HDP, Selahattin Demirtas, kündigte für Freitag den Beginn eines Hungerstreiks an.

Die bisher bekannt gewordenen Verstrickungen führender Vertreter des Trump-Wahlkampfteams oder der Trump-Regierung mit der türkischen Regierung sind beträchtlich. Hochdotierte Lobby-Aktivitäten von Trumps Ex-Beratern oder von Trump-Unterstützern mit Zugang zum amtierenden US-Präsidenten gehen in zwei Richtungen: Gülen und Zarraf.

Trumps kurzzeitiger Sicherheitsberater Michael Flynn erhielt mehr als eine halbe Million Dollar, um auf die Auslieferung von Erdogans früherem Verbündetem Gülen aus den USA hinzuwirken. Der Lobby-Vertrag lief über eine Firma des US-türkischen Geschäftsmanns Ekim Alptekin. Dieser soll von Flynn 95.000 Dollar zurückgefordert haben, weil die Lobby-Aktivitäten nicht erfüllt worden seien; Flynn war Mitte Februar nach 24 Tagen im Amt des Sicherheitsberaters wegen seiner Russlandkontakte zurückgetreten – der Lobby-Vertrag für die Türkei wurde erst diesen Monat bekannt.

Gesprächsthema Auslieferung

Während seiner Zeit als außen- und sicherheitspolitischer Berater des Präsidentschaftskandidaten Trump organisierte Flynn am 19. September vergangenen Jahres ein Treffen mit Außenminister Çavusoglu und Erdogans Schwiegersohn, Energieminister Berat Albayrak, in New York. Bei dem Treffen sollen Möglichkeiten diskutiert worden sein, den 75-jährigen Gülen aus den USA zu schaffen – offenbar auch unter Umgehung eines Auslieferungsverfahrens. Der frühere CIA-Direktor James Woolsey, bis Jänner Vorstandsmitglied von Flynns Beraterfirma, bezeichnete die Unterredung, an deren Ende er erst teilnahm, als "bedenklich".

Um Reza Zarraf wiederum, dem verbotene Milliardengeschäfte mit dem Iran über US-Banken vorgeworfen werden, kümmern sich mittlerweile auch zwei Trump-Unterstützer: New Yorks Ex-Bürgermeister Rudy Giuliani und der frühere US-Justizminister Michael Mukasey. Beide wurden von Zarrafs Anwälten angeheuert und reisten im vergangenen Monat in die Türkei, um den Fall des Goldhändlers mit Erdogan zu besprechen, wie die New York Times diese Woche berichtete. Giuliani und Mukasey dürften versuchen, eine Verständigung im Strafverfahren gegen den von Erdogan unterstützten Geschäftsmann zu erreichen. Zarraf und die Halkbank standen im Zentrum der Korruptionsaffäre, die 2013 die Regierung Erdogan erschütterte. (Markus Bernath, 30.3.2017)