Der Neos-Chef ließ sich übertölpeln. Statt Christoph Vavrik sofort rauszuwerfen, wolle er dem in Ungnade gefallenen Abgeordneten Zeit für den Jobwechsel geben, sagte Matthias Strolz im Jänner. Nun weiß er, wozu dieser die Atempause nutzte: Vavrik, der Adoptionen durch homosexuelle Paare als "Abartigkeiten" bezeichnete, wechselt samt Mandat und Bezügen zur ÖVP.

Strolz, dessen Fraktion obendrein durch den freiwilligen Abgang des profilierten Abgeordneten Niko Alm geschwächt wird, steht als naiv da – Vavrik aber als charakterlos. Er habe eh schon immer ÖVP gewählt, verkündete der 55-Jährige. Entweder biedert sich Vavrik damit peinlich an, oder er war bisher ein Heuchler.

Opportunismus demonstriert allerdings auch der Abwerber. Viel Mühe haben aufgeschlossenere Köpfe an der ÖVP-Spitze investiert, um aus den katholisch-konservativen Parteireihen den Glauben zu vertreiben, dass Schwule und Lesben verirrte Sünder seien. Jetzt zeigt sich, wie tief die Läuterung gegriffen hat. Kaum winkt der eigenen Fraktion ein Vorteil, ist jede homophobe Aussage wurscht.

Sicher: Klubchef Reinhold Lopatka darf sich von den Seinen einmal mehr als oberschlauer Stratege feiern lassen, der die ÖVP dank Rekrutierungen aus anderen Lagern zu einer bei der letzten Wahl unerreichten Mandatsstärke geführt hat. Er steht aber auch für eine Personalpolitik, die Prinzipienlosigkeit zum Prinzip erhebt. (Gerald John, 30.3.2017)