Die Prognosen des Finanzministeriums über die Mehreinnahmen sind bisher nicht eingetreten. Wären sie aber, hätte es keine Verzögerungen gegeben, argumentiert das Ministerium.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Die von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) angepeilten 900 Millionen Euro Mehreinnahmen durch die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht im Jahr 2016 waren in der Praxis bei weitem nicht zu holen, das steht laut Finanzministerium jetzt fest. "Auf Basis der vorliegenden Daten kann für das Jahr 2016 von circa 300 Millionen Euro Mehreinnahmen ausgegangen werden", heißt es in einer schriftlichen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des grünen Budgetsprechers Bruno Rossmann. Für die aktuelle Berechnung konnte erstmals auf Budgetdaten zurückgegriffen werden, bisher handelte es sich um Prognosen.

Das Ministerium geht laut einem Sprecher aber nach wie vor davon aus, dass die ursprüngliche Schätzung über 900 Millionen gehalten hätte, wäre die Einführung der Registrierkassenpflicht nicht um mehrere Monate verzögert worden. Zur Erinnerung: Eigentlich hätte die Maßnahme gegen Umsatzsteuerbetrug bereits mit Jänner 2016 in Kraft treten sollen. Nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs musste der Termin aber auf Mai 2016 verschoben werden.

Auch 2017 sei noch als "Rumpfjahr" zu werten, heißt es aus dem Ministerium, weil die neuen Sicherheitsmaßnahmen (Manipulationsschutz) erst mit 1. April gelten. Erst 2018 sei dann das erste Jahr mit Vollausbau der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht.

Kritik hält an

Rossmann kritisierte einmal mehr die seiner Meinung nach zu optimistischen Annahmen des Ministeriums. "Die 300 Millionen sind noch immer viel zu hoch gegriffen, genauso wie die 900 Millionen jährlich, mit denen Schelling im Vollausbau rechnet." Nach seiner Schätzung könne 2016 maximal ein sehr niedriger dreistelliger Millionenbetrag herausgeschaut haben.

Der Betrugsexperte Friedrich Schneider von der Uni Linz schätzt die Mehreinnahmen im Jahr 2016 auf 80 bis 120 Millionen Euro. Selbst wenn alle Anlaufschwierigkeiten überwunden seien, dürften die Mehreinnahmen maximal 250 bis 300 Millionen Euro im Jahr betragen, so Schneider. Grundsätzlich sei die Registrierkassenpflicht aber eine gute Sache.

Das sieht auch Rossmann so. Generell sei die lückenlose Aufzeichnung aller Umsätze im Sinne eines fairen Wettbewerbs zu begrüßen, da von der Regelung vor allem jener Großteil der Unternehmer profitiere, die bereits bisher ihre Abgaben korrekt abgeführt hätten. Die Umsetzung der Registrierkassenpflicht sei aber "stümperhaft" gewesen, das zeige sich jetzt auch wieder beim ab April geltenden Manipulationsschutz. Weil die Fristen zu kurz angesetzt und Vorgaben zu spät gemacht worden seien, würden die Hersteller jetzt nicht zeitgerecht liefern können, so der Grüne. Auch sei die Planungs- und Rechtssicherheit von Anfang an nicht ausreichend gegeben gewesen.

Mängel bei fünf Prozent der Betriebe

Die parlamentarische Anfrage hatte auch die Kontrolltätigkeit der Finanz zum Inhalt. Rossmann kritisiert, das Ministerium mache nicht transparent, nach welchen Kriterien die zu prüfenden Unternehmen ausgewählt werden. "Es trifft sehr stark kleine Unternehmer. Offen bleibt, ob die Großen nicht weniger oft geprüft werden." Laut Anfragebeantwortung werden vorrangig Betriebe kontrolliert, die gewisse Risikokriterien erfüllen sowie eine höhere Wahrscheinlichkeit von Barumsätzen aufweisen. Einen hohen Anteil an Bargeschäften haben beispielsweise Taxis, Restaurants, Cafés und Friseure.

Seit Gültigkeit der Registrierkassenpflicht im Mai 2016 bis Ende des Jahres wurde laut Finanzministerium bei 17.097 Unternehmen im Rahmen von Außenprüfungen (Betriebsprüfungen, Umsatzsteuersonderprüfungen, Erhebungen und Nachschauen) kontrolliert, ob die Registrierkassenpflicht eingehalten wird. 8.681 davon unterlagen tatsächlich der Pflicht, bei 443 Unternehmen wurden Mängel festgestellt – also bei rund fünf Prozent.

Mehr Verstöße gab es bei der Belegerteilungspflicht, die alle Unternehmer trifft. 2.148-mal wurden Mängel festgestellt, das entspricht immerhin rund neun Prozent aller kontrollierten Betriebe. Das Prinzip "Beraten statt Strafen" wurde von der Finanz scheinbar ernst genommen: Die Zahl der verhängten Finanzstrafen lag im niedrigen zweistelligen Bereich. (Simon Moser, 31.3.2017)