Bild nicht mehr verfügbar.

Die einstige Bauherrin vermachte "Mar-a-Lago" 1973 der amerikanischen Regierung zur Nutzung als "Winter White House". Der Kongress entschied damals, die Betriebskosten seien zu hoch. 1985 verkaufte man das Anwesen für zehn Millionen Dollar an Donald Trump.

Foto: Picturedesk / Roca John

Ansicht von Mar-a-Lago aus dem Jahr 1937. Der spanische Name leitet sich von der Lage zwischen dem Meer (Mar) und dem Lake Worth (See) ab.

Foto: Palm Beach County Archiv

Bild nicht mehr verfügbar.

1985 erwarb Donald Trump das Anwesen in Palm Beach.

Foto: AP / Susan Walsh

Der "Owners Wing" inmitten üppiger Florida-Vegetation. Dieser Trakt ist für Mitglieder des exklusiven Hotelclubs nicht zugänglich, denn hier residiert Donald Trump mit seiner Familie.

Foto: Library of Congress / Archiv

Die zeitgenössische Kritik war ob dieses fantastischen Dekorationsprogramms von Franz (Vater) und Walter (Sohn) Barwig begeistert. Wenn man die Gebäudeeinheiten umrundet "tanzen, springen, schreien und brüllen" Barwigs Figuren noch heute in ihren Nischen.

Foto: "The American Architect" / Privatarchiv

Wenn dieser Tage in US-amerikanischen Medien von Donald Trumps herrschaftlichem Domizil Mar-a-Lago in Palm Beach die Rede ist, dann schwingt der kritische Unterton zunehmend mit. Konkret geht es um die mit den Aufenthalten des Präsidenten verbundenen Zusatzkosten (unter anderem Security, Air Force One).

Medienberichten zufolge liegen diese bei etwa drei Millionen Dollar je Visite, die sich bislang auf rund 15 Millionen Dollar summierten. Hinzu kommen im lokalen County anfallende Ausgaben, die sich bis Ende des Jahres auf weitere 5,8 Millionen Dollar belaufen dürften. Steuergeld, wie kritisiert wird.

Denn Trump nutzt das 1985 erworbene und Mitte der 1990er-Jahre zu einem exklusiven Hotelklub umfunktionierte Refugium in Florida, um sich mit Regierungsmitgliedern zu beraten und Staatsgäste zu empfangen. Im Februar war der japanische Premierminister Shinzo Abe hier zu Gast, für kommende Woche wurde Chinas Präsident Xi Jinping angekündigt.

Das prachtvoll gestaltete und mit Antiquitäten gefüllte Wohnzimmer, in dem sich Präsident Donald Trump nun mit Regierungsmitgliedern berät (li. General H. R. McMaster, re. Keith Kellogg). Die einstige Pracht der flämischen Tapisserien aus dem 16. Jahrhundert fiel mittlerweile der Sonneneinstrahlung zum Opfer.
Fotos: Library of Congress / Archiv; AFP / Nicholas Kamm

Während die einen Ausgaben monieren, reiben sich andere ob der Einnahmen wohl die Hände. 2014 warf Mar-a-Lago 15,6 Millionen Dollar ab, heuer wird es ein Vielfaches sein. Anfang des Jahres erhöhte man die Aufnahmegebühr für diesen Privatklub von 100.000 auf 200.000 Dollar. Ein Präsidentenbonus, wie man in Palm Beach munkelt.

Palm Beach Society

Touristen oder Schaulustige haben dort selbstredend keinen Zugang. Die knapp 500 Mitglieder des Klubs genießen die exklusive Atmosphäre, die das 35.000 Quadratmeter große Anwesen mit Privatstrand bietet. Ob des luxuriösen Ambientes, der prachtvollen Innenausstattung und Antiquitäten wird Mar-a-Lago gerne mit europäischen Palastanlagen wie jener von Versailles verglichen.

Die imposante Vorhalle mit Wappen an der Decke, die Walter Barwig nach Gutdünken aus dem europäischen "Gotha"-Adelsalmanach auswählte. Die Eingangstür zum Wohnzimmer zieren Putten, die – wie alle anderen von Barwig gefertigten Figuren – keine Geschlechtsteile aufweisen durften.
Foto: Library of Congress / Archiv

Regie führte hier allerdings kein Interior-Designer, sondern die einstige Bauherrin und Kunstsammlerin Marjorie Merriweather Post (1887–1973) und der österreichische Architekt Joseph Urban (1872–1933). 1924 hatte Marjorie, Inhaberin eines Lebensmittelkonzerns (General Foods), für sich und ihren damaligen Ehemann Edward Hutton das Grundstück erworben.

Aus der Lage zwischen dem Meer und dem Lake Worth leitete sich die spanische Benennung "Mar-a-Lago" ab. Zur Vermeidung eines wuchtigen Erscheinungsbilds wünschte sich die Milliardärin eine aus "kleinen" Baueinheiten bestehende architektonische Lösung.

Ursprünglich dürfte der Amerikaner Marion Sims Wyeth erste Entwürfe geliefert haben, stritt aber Jahre später eine Involvierung vehement ab. Joseph Urban wurde 1925 hinzugezogen. 1928 in der Fachpresse veröffentlichte Pläne und Berichte führen ihn als Architekten Mar-a-Lagos.

Mitbegründer des American Art Deco

Urban hatte an der Akademie der bildenden Künste bei Karl von Hasenauer studiert, war Gründungsmitglied der Künstlervereinigung Hagenbund (1900–1938) und auch als Bühnenbildner aktiv. Zu den bekanntesten und noch existierenden Bauten aus der Wiener Zeit gehört der Rathauskeller (1898).

1911 emigrierte Urban in die USA, allerdings nicht ganz freiwillig, da einige Anklagen wegen fahrlässiger Krida in Vorbereitung waren. Bis auf wenige, geheim gehaltene, kurze Visiten in Wien, sollte er nicht mehr in seine Heimat zurückkehren. Im Sommer 1912 erließ das Wiener Landesgericht gar einen Steckbrief, wie in der Monografie von Albertina-Architekturkurator Markus Kristan zu Urbans Wiener Jahren (Böhlau-Verlag 2000) nachzulesen ist.

Abseits seiner Tätigkeit als Chefbühnenbildner des Boston Opera House, für die Ziegfeld Follies am Broadway und die Metropolitan Opera, gilt er als Mitbegründer des American Art Deco.

Keine Geschlechtsteile

In Mar-a-Lago, seinem ersten architektonischen Auftrag in den USA, verband Urban den populären spanischen Stil mit Reminiszenzen an Österreich und Mitteleuropa, kombiniert mit orientalisch-islamischen Elementen und etwas Jugendstil.

Für die bildhauerischen Arbeiten engagierte er den Wiener Bildhauer Franz Barwig und dessen Sohn Walter. Letzterer erinnert sich in einem unveröffentlichten Manuskript an den Aufenthalt in Palm Beach, an die Arbeit in einem aus Brettern zusammengenagelten Atelier, an das "Protzentum der Neureichen" und deren "Scheinheiligkeit", da "Männerakte und Tierplastiken keinen Geschlechtsteil haben durften".

Der Vater schuf "große und kleine Kapitäle, Friesbänder, Affen-Supraporten und Papageien", der Sohn "Türumrahmung, Ranken und Vögel nach Urbans Skizze". "Für das "Babyhaus" fertigte Franz Barwig einen Kamin, den das Dornröschen-Thema zierte. "Die Ranken der Rosen spannten sich über die Wände weiter", und am versilberten Himmelbett aus Nussholz "saßen Vöglein, die ich geschnitzt habe", erinnerte sich sein Sohn. Ein märchenhaftes Ambiente, in dem Marjories einzige Tochter Nedenia, die spätere Schauspielerin Dina Merill, und später auch Ivanka aufwuchsen.

Ein märchenhaftes Ambiente schufen Vater und Sohn Barwig für Marjories Tochter Nedenia, die spätere Schauspielerin Dina Merill. Ein Dornröschen-Themenzimmer – der Rosenschmuck ziert den Kamin und schlängelt sich die Wände hoch – mit dem Joseph Urban das Raumkonzept von Disneyworld vorwegnahm. Im versilberten Himmelbett schlief später auch Trumps Tochter Ivanka.
Foto: Library of Congress / Archiv

Die Bauherrin sei, schrieb Walter Barwig, "eine selten schöne Frau" gewesen, ihr Gatte, der "Wall-Street-Banker", habe sich "richtig wie ein Geldsack" benommen. Ende 1927 wurde Mar-a-Lago offiziell eröffnet, manche Arbeiten wurden noch 1928 fertiggestellt. Die Barwigs kehrten nach Österreich zurück, und der von Kritikern als "Urbanesque" gepriesene Stil verhalf Joseph Urban zu weiteren Projekten, auch in Palm Beach (unter anderem Paramount Theatre, Bath & Tennis Club).

Als Merriweather Post im Herbst 1973 verstarb, vermachte sie das 118 Zimmer, 58 Schlaf- und 33 Badezimmer umfassende Anwesen der amerikanischen Regierung, um es als "Winter White House" zu nutzen. Die Evaluierung ergab, dass es – abgesehen von Sicherheitsbedenken – auch wegen der hohen Betriebskosten nicht geeignet war.

Schnäppchen für Mr. Trump

1985 bot man es für 28 Millionen Dollar zum Verkauf an. Donald Trump wollte Mar-a-Lago, aber nicht um diesen Preis. Also kaufte er über einen Dritten den Strandabschnitt davor und drohte dort eine "Scheußlichkeit" bauen zu lassen, womit der Blick aufs Meer Geschichte sei. Er bekam es für ein Schnäppchen, wie er in Interviews gerne erzählt: für zehn Millionen Dollar, inklusive der einst von Marjorie Merriweather Post aus Europa dorthin verschifften Antiquitäten. (Olga Kronsteiner, 2.4.2017)