Wien – "Wir haben kein soziales Leben", sagt Anna-Maria Alexandri (19). Ihre Drillingsschwestern Eirini-Marina und Vasiliki-Pagona stimmen zu. Die Freizeit wird für Regeneration genutzt. Viel freie Zeit bleibt ohnehin nicht. Das Trio lebt für seinen Sport: das Synchronschwimmen. 2012 sind die Schwestern von Griechenland nach Österreich gekommen – im Alter von 14 Jahren. Ohne die deutsche Sprache zu beherrschen, ohne Eltern, aber mit einer großen Hoffnung: eine Olympiamedaille.

Die Alexandris sind gekommen, um zu bleiben. Das Ziel ist ein langfristiges. 2016 belegten Anna-Maria und Eirini-Marina im Duett Platz zwölf bei den Spielen in Rio. 2020 in Tokio soll eine deutlich bessere Platzierung herausschauen. Mit einer Medaille, hofft Anna-Maria, könnte es 2024 klappen. Vasiliki-Pagona kann vorerst maximal von WM-Medaillen träumen. Sie tritt im nichtolympischen Solobewerb an.

Kein Synchronschwimm-Land

Im Synchronschwimmen, ob im Solo oder im Duett, ist Geduld gefragt. Bei den Wertungsrichtern muss man sich einen Namen machen. Athletinnen aus den traditionellen Synchronschwimm-Nationen wie Russland, China oder Japan haben Vorteile. Österreich ist keine Synchronschwimm-Nation. Griechenland auch nicht unbedingt. In ihrem Geburtsland konnten die Alexandris Schule und Sport nur suboptimal vereinbaren.

Die Synchronität ist eine der Stärken von Anna-Maria (und Eirini-Marina Alexandri. Als Schwestern haben sie Vorteile.
Foto: APA/AFP/MARTIN BUREAU

Dass die Schwestern ausgerechnet nach Österreich gekommen sind, hat mit Albena Mladenova zu tun. Die Bulgarin ist seit 2009 Synchronschwimm-Trainerin in Österreich, davor arbeitete sie zehn Jahre lang in Griechenland. Bei einem Wettkampf in Italien erzählte sie der Mutter der Alexandri-Drillinge vom Leistungszentrum Südstadt, und davon, dass hier Sport und Schule unter einen Hut gebracht werden können.

Frühjahr 2017: In fast akzentfreiem Deutsch erzählen die Schwestern von ihrem Alltag in der Südstadt. Für Außenstehende klingt er nicht besonders abwechslungsreich. Training, Schule, Essen, Lernen. So ein Tag dauert im Normalfall von sieben bis 21 Uhr. In stressigen Zeiten auch schon einmal bis Mitternacht. Im Moment sind die Zeiten stressig. Vor dem Sommer wird schließlich maturiert.

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Vasiliki-Pagona Alexandri, genannt Vaso, tritt im nicht-olympischen Solobewerb an und springt im Duett ein, falls eine ihrer Schwestern ausfällt.
Foto: REUTERS/Matthew Childs

Der sportliche Saisonhöhepunkt steigt Mitte Juli, die Weltmeisterschaft in Budapest. Die WM-Tickets haben die drei bereits in der Tasche. Bei den World-Series-Bewerben in Paris vor drei Wochen belegte Vasiliki Platz vier, Eirini und Anna wurden Fünfte. Athletinnen und Trainerin waren zufrieden.

"Wie Tanzen im Wasser"

"Sie entwickeln sich sehr gut, sie haben großes Potenzial", sagt Mladenova. "Wir wollen immer besser werden", sagt Anna. Was, wenn die drei einmal keine Lust auf Training haben? "Dann denken wir an unsere Ziele." Der Sport fasziniert sie. "Es ist wie Tanzen im Wasser", sagt Eirini. "Es geht um Ausdauer, um Kunst, um Kraft", sagt Anna.

Im Alter von dreieinhalb Jahren lernten die Schwestern schwimmen. Als sie fünf waren, sahen sie Mädchen beim Synchronschwimmen. Und weil den Alexandris deren Badeanzüge gefielen, wollten sie den Sport erlernen.

Eirini-Marina Alexandri (links) ist um eine Minute jünger als Anna-Maria (Mitte) und um zwei Minuten jünger als Vasiliki-Pagona.
Foto: APA/Hans Klaus Techt

Schon jetzt haben es die Schwestern weit gebracht. Bei den Europaspielen 2015 in Baku, die gleichzeitig als U19-Europameisterschaften gewertet wurden, gewannen Anna und Eirini Silber, im Vorjahr wurden sie bei der EM zweimal Fünfte. Vasiliki wurde Siebente und Achte.

Bangen um die Staatsbürgerschaft

Seit fast fünf Jahren sind die Schwestern nun in Österreich. Das erste Jahr, sagt Eirini, sei aufregend gewesen. "Das zweite Jahr war schwierig." Die Drillinge wussten nicht, ob es mit der Einbürgerung klappen würde. "Wir durften keine Wettkämpfe bestreiten, waren immer nur am Trainieren." Im Juni 2014 erhielten sie die Staatsbürgerschaft. "Hätte es nicht geklappt, wären wir zurückgegangen", sagt Anna.

So aber verbringen sie Tag und Nacht, die Wochenenden und auch die Ferien im Leistungszentrum Südstadt. Vasiliki: "Wir sind die einzigen, die immer da sind." Fast immer. Zweimal im Jahr (Weihnachten, Sommerferien) fliegen sie nach Griechenland. Und bald, zu Ostern, kommt die Mama zu Besuch. Immerhin – ein bisschen soziales Leben. (Birgit Riezinger, 3.4.2017)

Anna-Maria und Eirini-Marina Alexandri bei ihrer Kür bei den Europaspielen 2015 in Baku, wo sie Silber gewannen.
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