Grünen-Chefin Eva Glawischnig und die Kommunikatoren der Bundespartei sind mit Kritik der Ländervertreter konfrontiert. Auch das Verhalten des EU-Abgeordneten Michel Reimon stößt auf Widerstand.

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Graz/Wien – Ein dem STANDARD aus Parteikreisen zugespieltes Protokoll einer Telefonkonferenz mit führenden Vertretern der Landesparteien lässt tief in die Gräben blicken, die sich innerhalb der Grünen seit dem Rausschmiss der Parteijugend aufgetan haben. Die Telefonkonferenz fand am Freitag kurz nach der vollzogenen Trennung der Mutterpartei von den Jungen Grünen statt und wurde von der oberösterreichischen Klubdirektorin Doris Waldhauser moderiert.

Andere Teilnehmer waren der steirische Landessprecher Lambert Schönleitner, der Tiroler Klubobmann Gebi Mair, der Kärntner Landtagsabgeordnete Reinhard Lebersorger, der Vorarlberger Klubchef Adi Gross, der Salzburger Landesgeschäftsführer Rudi Hemetsberger, die stellvertretende Klubobfrau Jennifer Kickert sowie Mitarbeiter aus dem Parlamentsklub sowie der Bund-Länder-Koordinator Thomas Sperlich. Entschuldigt von der Konferenz waren Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik, die Niederösterreicherin Helga Krismer und der Burgenländer Wolfgang Spitzmüller.

"Großer Fehler"

Den Anfang des Reigens scharfer Kritik an der Bundesparteispitze macht der Vorarlberger Gross, der den Ausschluss der Parteijugend als "großen Fehler" bezeichnet und betont, das "untolerierbare Verhalten" der Jugend stehe "in keinem Verhältnis zu ihrem Rauswurf". Außerdem herrsche in Vorarlberg Verärgerung über die interne Kommunikation. "Man erfährt alles nur über OTS und die Zeitung. So kann man nicht arbeiten", heißt es in dem Protokoll.

Der Tiroler Mair stimmt Gross darin zu und merkt an: Die externe Kommunikation sei "blamabel", die interne aber auch "unverständlich". "Gespräch zwischen Flora und Eva wurde auch intern nicht kommuniziert", heißt es weiter. "Unruhe gibt es auch unter den Abgeordneten. Keiner kann nachvollziehen, was die Bundespartei da gemacht hat. Es wird sehr viel Schaden zugefügt."

"Zeichen der Schwäche"

Überraschend dann der Diskussionsbeitrag des Steirers Lambert Schönleitner. Die Steiermark war ja neben Oberösterreich eines der beiden Bundesländer, wo es zum Konflikt um das Antreten bei den ÖH-Wahlen kam. Schönleitner stimmt nicht nur Gross und Mair unumwunden zu und sieht ein "absolutes Schwäche-Zeichen in der Öffentlichkeit", er meint laut Protokoll auch: "Hier hat es de facto die Gras nicht gegeben. Ist es nicht sinnvoll, die Grünen Studierenden hier kandidieren zu lassen?" Schönleitner sieht einen "langfristigen Schaden". Die Beschlüsse des erweiterten Bundesvorstandes seien zwar umgesetzt worden, "sollten aber nochmal überdacht werden".

Walhausers Beitrag für die oberösterreichischen Grünen findet sich im Protokoll so wieder: "Bezüglich der oberösterreichischen 'Spezialsituation' kursiert momentan ein Umlaufbeschluss im Leitungsteam: EBV-Beschluss (erweiterter Bundesvorstand, Anm.) muss heruntergebrochen werden auf die Situation in OÖ. Das Ergebnis ist noch nicht absehbar."

"Lose-Lose-Situation"

Auch Kickert meint, man sei "unglücklich mit der Kommunikation", und es sei "von Anfang an eine Lose-Lose-Situation" gewesen. Kickert laut Protokoll weiter: "Interne Kommunikation war ab Mitte der Woche inexistent. Die Linie, dass wir keine Gegenkandidatur erlauben, wird aber trotzdem von allen geteilt."

Auch der Salzburger Rudi Hemetsberger weiß, dass "viele nicht glücklich mit der Geschichte" sind, "mit der Kommunikation sowieso nicht". Es habe aber keinen anderen Weg gegeben, weshalb er den Beschluss mitgetragen habe.

"Aus dem Ruder gelaufen"

Als Fazit wird am Ende des Protokolls wörtlich festgehalten: "Kommunikation an sich lief aus dem Ruder. Vor allem auf Facebook usw. Teilweise sehr heftig und aufgeregt und unprofessionell (Stichwort 'Grazer Zelle')."

Diese Phrase – "Grazer Zelle" – hatte der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon, der auch im Bundesvorstand Mitglied ist, in einem langen Facebook-Eintrag zum internen Grün-Konflikt verwendet (DER STANDARD berichtete) – und sie kam dem Vernehmen nach bei vielen Grünen wegen ihrer Konnotation mit "Terrorzellen" nicht gut an, im Gegenteil.

Mediensprecherin Inge Hausbichler wird damit beauftragt, die Stimmung an die Bundespartei zu kommunizieren. (Colette M. Schmidt, 2.4.2017)