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Präsident Wladimir Putin besuchte am Montag Abend den Anschlagsort.

Foto: AP/Lovetsky

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Videoaufnahmen der Nachrichtenagentur Interpress zeigen, wie Menschen aus der U-Bahn-Station Sennaja Ploschtschad flüchten.

Foto: Alexander Nikolayev/Interpress/via REUTERS FOR EDITORIAL USE ONLY.

Beamte bewachen den Zugang zur Station Technologistschesky Institut.

Foto: AFP PHOTO / Ruslan SHAMUKOV

Um 14.50 Uhr endete am Montag der geregelte Alltag in der russischen Fünf-Millionen-Stadt St. Petersburg. In einem Metrozug der Linie Zwei explodierte zwischen den Stationen Sennaja-Platz und Technologisches Institut ein Sprengsatz. In einem Waggon wurden die Fenster und die Türen herausgerissen. Der Fahrer des Zuges traf, so die Ermittler, die richtige Entscheidung: Er fuhr mit der beschädigten Garnitur noch bis zur nächsten Station weiter, sodass den Opfern dann schneller geholfen werden konnte.

Passanten und Rettern bot sich ein schreckliches Bild: Tote und Verletzte lagen in den Waggons und auf dem Bahnsteig. Beide Stationen vor und hinter dem Ort der Explosion füllten sich mit Rauch, sodass für einige Zeit in den Nachrichten von zwei Explosionen die Rede war.

Nach Angaben des russischen Gesundheitsministeriums kamen elf Menschen ums Leben, 47 wurden verletzt, sechs davon schwer. Laut Ärzten war der Sprengsatz mit Metallkugeln gespickt, um die Wirkung der Explosion noch zu verschlimmern. Die russischen Behörden leiteten ein Ermittlungsverfahren wegen eines Terroraktes ein.

Wahrscheinlicher islamistischer Hintergrund

Von einem Selbstmordanschlag war zunächst nicht die Rede: Petersburger Medien berichteten erst, dass der Sprengsatz mit einer Stärke von 200 bis 300 Gramm TNT in einer Tasche in dem Waggon deponiert worden war. Am späten Montag Abend hieß es dann jedoch, dass ein 23-jähriger Zentralasiate als wahrscheinlicher Selbstmordattentäter identifiziert worden sei. Dieser habe den Sprengsatz in einem Rucksack transportiert und soll Verbindungen zu einer islamistischen Gruppe haben. DNA-Tests sollen nun für Gewissheit sorgen.

Die russische Agentur Tass zitierte eine Quelle, nach der ein Mann und eine junge Frau aus Zentralasien in die Tat involviert sein könnten.

Angeblicher Verdächtiger

Ein zuvor verbreitetes Bild einer Überwachungskamera zeigte einen angeblichen Tatverdächtigen: einen hochgewachsenen Bartträger mit einer Tjubetejka, einer bei Tataren und Baschkiren traditionellen Kopfbedeckung. Der Mann habe sich jedoch selbst an die Polizei gewandt und spiele keine Rolle mehr in den Ermittlungen, berichtete die Agentur Interfax.

Während die Rettungsmannschaften, unterstützt von Verkehrspolizisten, Straßenkehrern und Zivilisten, Verletzte über die langen Rolltreppen der Metrostation hinauftrugen, wurde an einer weiteren Innenstadt-Kreuzungsstation, dem Wosstanija-Platz an der Linie Eins, wo auch der "Moskauer Bahnhof" liegt, eine als Feuerlöscher getarnte scharfe Bombe sichergestellt und entschärft. Ihre Sprengkraft soll ein Kilogramm TNT betragen haben. Daraufhin entschlossen sich die Behörden zu einer drastischen Maßnahme: Das gesamte Metronetz der Stadt wurde evakuiert – und erst nach 20 Uhr wieder partiell in Betrieb genommen.

Für hunderttausende Petersburger stellte sich damit das Problem, wie sie an diesem Tag nach Hause kommen sollten. Zwar organisierte die Stadtverwaltung 150 Busse, die entlang der Metrolinien kostenlos verkehren sollten. Doch in der Stadt brach alsbald der Verkehr zusammen: Über die Gehwege und Newa-Brücken zogen Massen von Fußgängern, um auf diese Weise nach Hause oder zumindest aus dem aufgrund von Staus und Straßensperren stillstehenden Stadtzentrum herauszukommen.

Heimatstadt Putins

St. Petersburg muss nun mit der Gewissheit leben, dass der Terror nicht länger einen Bogen um "Russlands Kulturhauptstadt" macht: In der Heimatstadt von Präsident Wladimir Putin hatte es seit sowjetischen Zeiten nie einen Anschlag mit Todesopfern gegeben – obwohl der kaukasische radikalislamistische Untergrund über Jahre in Russland immer wieder schwere Terrorakte verübt hatte. 2004 und 2010 explodierten Bomben in der Moskauer Metro, es gab jeweils über 40 Tote. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte Russland zudem wiederholt mit Anschlägen gedroht, weil Moskau im syrischen Bürgerkrieg die Truppen von Machthaber Bashar al-Assad unterstützt. Putin besuchte noch am Abend den Ort des Anschlags und legte einen Blumenstrauß nieder.

Trump will Putin unterstützen

US-Präsident Donald Trump sagte dem russischen Staatschef indes seine "volle Unterstützung" zu. "Beide, Präsident Trump und Präsident Putin, haben darin übereingestimmt, dass der Terrorismus entscheidend und schnell bezwungen werden muss", teilte das Weiße Haus nach einem Telefonat der beiden Staatschefs mit.

Nach den vergangenen Anschlägen waren auch an allen Eingängen der Petersburger Metro Metalldetektoren installiert worden – wobei die täglich zwei Millionen Metro-Passagiere nur stichprobenartig kontrolliert wurden. Geholfen haben diese Sicherheitsmaßnahmen ganz offensichtlich nichts. (red, Lothar Deeg aus St. Petersburg, 3.4.2017)