Die Parlamentswahlen in Armenien haben die Stellung des seit neun Jahren regierenden Staatschefs Serge Sarkissian und dessen Republikanische Partei (HHK) an der Wende zu einem Verfassungswechsel gestärkt. Nach dem Ende von Sarkissians zweiter Amtszeit im nächsten Jahr wird Armenien zu einer parlamentarischen Demokratie. Es wird weithin angenommen, dass der konservative 62-Jährige dann in das Amt des Premiers wechselt, der dann die zentrale Machtposition in der Kaukasusrepublik innehält.

Nach Angaben der Wahlkommission in Erewan am Montag gewann Sarkissians Partei HHK 49 Prozent der Stimmen, was ihr gleichwohl weiterhin die absolute Mehrheit im neuen, auf 101 Sitze verkleinerten Parlament sichert. Zweitgrößte Kraft wurde erneut die Partei Wohlhabendes Armenien (BHK) von Gagik Tsarukijan, des reichsten Mannes des Landes. Tsarukijan, der auch einmal mit den Republikanern in einer Regierung saß, schloss dieses Mal eine Allianz mit zwei kleineren Parteien. Sie kam am Ende auf 27,3 Prozent, etwa weniger als bei den vorhergehenden Wahlen 2012. Politisch unterscheidet die russlandfreundliche Geschäftsmännerpartei nicht viel von den Republikanern. Sie galt lange als Vehikel des früheren armenischen Präsidenten Robert Kotscharijan, unter dem Sarkissijan lange Jahre Verteidigungsminister und dann Premier war.

Nur zwei kleine Oppositionsparteien

Veränderungen gab es mit dieser Wahl dafür aufseiten der zersplitterten Opposition in Armenien. Prowestliche Figuren wie der Führer der Heritage/Zharangut'yun-Partei, Raffi Hovanissijan, und der ehemalige Außenminister Vartan Oskanian, die gemeinsam in einer Allianz antraten, sind erstmals aus dem Parlament. Ebenso der Chef der früheren Rechtsstaatspartei OEK und jetzigen Partei der Armenischen Wiedergeburt HV von Artur Baghdasarijan, einem ehemaligen Parlamentspräsidenten.

Ins Parlament eingezogen sind neben den traditionellen Nationalisten von der Dashnaktsutyun (6,6 Prozent) ein neues prowestliches Bündnis mit dem Kürzel ELK. Angeführt von dem Bürgerrechtler Edmon Marukijan und dem Journalisten und Anhänger des früheren Präsidenten Levon Ter-Petrosijan, Nikol Paschinijan, kam das Bündnis dreier Parteien auf 7,8 Prozent.

Vorwurf des Stimmenkaufs

Die Wahlbeobachter von Odihr, dem Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), konstatierten am Montag Verstöße beim Wahlablauf wie Einschüchterungen von Wählern und den Kauf von Stimmen. Letzteres scheint durch die Änderung des Wahlrechts noch gefördert worden zu sein. Statt einem gemischten Verfahren von Mehrheits- und Proporzwahlrecht galt dieses Mal ein rein proporzionelles Verfahren mit Parteilisten. Dabei gab es neben nationalen Parteilisten auch Listen auf Wahldistriktsebene, was zu vermehrter Konkurrenz und Einflussnahme zahlungskräftiger Kandidaten geführt haben soll. Die Wahlbeteiligung lag bei 61 Prozent. Armenien zählt offiziell knapp drei Millionen Einwohner. 350.000 Armenier sollen in den Jahren der Präsidentschaft Sarkissians wegen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stagnation ausgewandert sein. (Markus Bernath; 03.04.2017)