Syrien und kein Ende: Von außen wirkt der ins siebente Jahr gehende Krieg undurchdringlich, erstarrt und unauflöslich. Die Nachrichten von Regime- oder Rebellenoffensiven, von Giftgasangriffen, bombardierten Krankenhäusern, von Toten und Flüchtlingen, aber auch von lokalen Waffenruhen, "Versöhnungen" – ein Wort für Kapitulation – und Verhandlungsversuchen in Genf oder in Astana scheinen sich in einer Endlosschleife zu wiederholen.

Dennoch gibt es Entwicklungen. Es ist keine große Überraschung, dass die USA unter Donald Trump sich nun mehr oder weniger offiziell von der Priorität verabschieden, das Assad-Regime zu stürzen. Genau genommen hat das bereits Barack Obama getan, der in Syrien seine selbstformulierten "roten Linien" – einen Giftgaseinsatz des Regimes – überschreiten ließ und nicht gegen Assad, sondern 2014 gegen den "Islamischen Staat" militärisch intervenierte. Unter Trump wird dieses militärische Syrien-Engagement nun hinaufgefahren. In der vom IS befreiten Militärbasis von Tabqa richten sich die USA häuslich ein.

Parallel dazu bleiben die USA an der diplomatischen Front auf Tauchstation, ihre Funktion als Anwalt der syrischen Opposition haben sie niedergelegt. Und die Arabische Liga, in der Trump mehr Anhänger hat als in jedem anderen Staatenbund, lädt zu ihrem Gipfel die Opposition gar nicht mehr ein. Vor ein paar Jahren war sie noch nahe daran, den Sitz des Regimes, das aus der Liga geworfen wurde, zugesprochen zu bekommen.

Anders die EU: Bei den jüngsten Schlussfolgerungen des Europäischen Rats wird der Opposition, namentlich dem Hohen Verhandlungsrat (HNC), Unterstützung zugesagt. Gleichzeitig wird der HNC höflich ermahnt, inklusiver zu werden und seine "Vision eines Übergangs" zu entwickeln, plump gesagt, sich zu bewegen. Und wenn die EU festhält, dass sie den Wiederaufbau in Syrien erst dann finanziell unterstützen wird, wenn "eine umfassende, echte und inklusive Transition" auf den Weg gebracht ist, dann ist das nicht nur an das Assad-Regime, sondern auch an die Rebellen gerichtet.

Der Druck auf die Opposition wird also größer. Das wird aber nur funktionieren, wenn auf der anderen Seite Russland und Iran ihrem Klienten Assad klarmachen, dass bei aller militärischen Konsolidierung seine Bäume nicht in den Himmel wachsen. Assads Abgang ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Und er wird auch nicht, wie soeben in Ostdamaskus, weiterkämpfen können, bis ihm die Ausgangslage für einen Waffenstillstand besser passt. Wobei aber auch nicht zu leugnen ist, dass die Rebellen ihm durch neue Angriffe – wie jene, die ins Zentrum von Damaskus zu zielen schienen – Vorwände liefern. Hier ist die Türkei als Schutzmacht der Rebellen gefragt, Einfluss auszuüben.

Der innersyrische Konflikt wird vom Kampf gegen den IS in den Hintergrund gedrängt. Oder besser vom Warten darauf: Denn die große Offensive ist noch nicht angelaufen. Zu unklar ist die Gemengelage der Angreifer.

In Raqqa soll der IS geschlagen werden, gleichzeitig treffen dort praktisch alle zum Teil verfeindeten Akteure aufeinander – Staaten, Rebellen, das Regime -, die sich auch beim Ringen um die Zukunft Syriens gegenüberstehen. Im schlimmsten Fall könnte die Schlacht um Raqqa neue bewaffnete Konflikte hervorbringen, im besten einen Kompromiss, der als Modell dienen kann. (Gudrun Harrer, 4.4.2017)