Tübingen/Wien – Warum gibt es in unserem Universum mehr Materie als Antimaterie? Anders gefragt: Warum existieren wir? Diesen Fragen versuchen sich Physiker mit Experimenten und Theorien zu nähern. In der aktuellen Ausgabe des Magazins "Nature" legt ein Forscherverbund neue Ergebnisse zu so einem Experiment vor.

Das Gerda-Experiment untersucht einen äußert seltenen Zerfall. Dieser steht in Verbindung mit der Möglichkeit, dass die Neutrinos zugleich ihre eigenen Antiteilchen sind. Falls dies zutrifft, dann gibt es eine Reihe von Theorien, die darauf aufbauend die Dominanz der Materie im Universum erklären können.

Ungewöhnlicher radioaktiver Prozess

Wenn dem so ist, könnte es in Atomkernen zu einem ungewöhnlichen und äußerst seltenen radioaktiven Prozess kommen: dem doppelten Betazerfall. Dabei wandeln sich zwei Neutronen in zwei Protonen um, wobei zwei Elektronen und zwei Antineutrinos entstehen. Letztere könnten sich gegenseitig aufheben, wenn Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen sind.

Das Ziel des Gerda-Experiments ist, einen derartigen Prozess nachzuweisen, indem der Zerfall von Germanium-76 beobachtet wird. Wie die Kollaboration nun berichtet, ist das erste störungsfreie Experiment gelungen – ein wichtiger Fortschritt. Nachweisen konnte man den doppelten Betazerfall und somit die Identität von Neutrinos und Antineutrinos aber nicht. Ausgeschlossen ist der Prozess damit nicht, es bedarf jedoch wohl größerer Detektoren, um ihn nachzuweisen. "Ich glaube, dass es den Prozess gibt, es ist aber schwer zu sagen, wann der Nachweis gelingt", sagt Koautor Peter Grabmayr von der Uni Tübingen. (trat, 6.4.2017)