Rabat /Madrid – Marokko hat eine neue Regierung. Ein halbes Jahr nach den letzten Wahlen hat König Mohammed VI. eine neue Regierungskoalition ernannt. Damit ist die politische Blockade des nordafrikanischen Königreichs erst einmal beendet. Mehr als fünf Monate lang war es der siegreichen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) nicht gelungen, eine Koalition zu bilden.

König Mohammed VI. entzog daraufhin dem bisherigen Premier und Chef der islamistischen PJD, Abdelilah Benkirane, die Aufgabe der Regierungsbildung. Stattdessen ernannte er Saad Eddine El Othmani, Nummer zwei der PJD, zum neuen Ministerpräsidenten. Diesem gelang es nun in nur wenigen Wochen, eine Regierung mit 39 Mitgliedern, darunter nur neun Frauen, zu bilden. Das Parlament wird die Regierung am 14. April offiziell bestätigen.

Die Koalition, die El Othmani geschmiedet hat, besteht aus Konservativen, Sozialisten und wirtschaftsliberalen Parteien. Die sechs Formationen vereinigen 240 der 395 Abgeordneten im marokkanischen Parlament hinter sich. Die Regierung hat deutliche Züge eines Technokratenkabinetts. So besetzen parteiunabhängige Personen, die allesamt engen Kontakt zum Königshaus unterhalten, die Schlüsselressorts Verteidigung, Sicherheit und Religion. Die islamistische PJD, die 125 Parlamentssitze innehat, büßt gegenüber der früheren Regierung unter Benkirane, der seit 2011 das Land regierte, deutlich an Gewicht ein. So verliert die PJD das Justizministerium. Die königstreue Unabhängige Nationale Gruppierung (RNI) ist deutlich stärker in der Regierung vertreten, als es ihrem Wahlergebnis (37 Abgeordnete) entsprechen würde.

Islamisten schwächen

Benkirane war vor allem an der Haltung der RNI gescheitert. Obwohl die RNI bereits in der letzten Legislaturperiode mit der PJD zusammen in einer Koalition saß, stellte deren dem König treu ergebene Parteichef und Multimilliardär Aziz Akhannouch immer wieder Bedingungen, die Benkirane nicht erfüllen wollte. Akhannouch wird jetzt erneut das Wirtschaftsressort besetzen.

Die Zusammensetzung der neuen Exekutive bestätigt, was viele bei der PJD immer wieder beklagten. Das monatelange Hickhack, das sich die möglichen Koalitionspartner Benkiranes bei den Verhandlungen lieferten, hatte vor allem das Ziel, die Islamisten zu schwächen und ihren beliebten Chef Benkirane aus der ersten Reihe der Politik zu verdrängen. El Othmani hatte jetzt doch überraschend schnell Zugeständnisse an seine Koalitionspartner gemacht und geriet damit in die innerparteiliche Kritik. Parteien, die bei den Verhandlungen mit Benkirane erklärten, sie könnten mit anderen Koalitionspartnern auf keinen Fall zusammengehen, stimmten plötzlich zu. (Reiner Wandler, 6.4.2017)