Proteste gegen die Ausschaltung der CEU-Uni in Budapest.

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Das am Dienstag im Eilverfahren beschlossene Gesetz zur Ausschaltung der US-geführten Central European University (CEU) fügt sich in die Strategie des ungarischen Premiers Viktor Orbán, Akteure eines kritischen und liberalen Diskurses mundtot zu machen. Ungarische Kommentatoren verweisen aber darauf, dass die Intention hinter der "Lex CEU" eine zusätzliche Dimension aufweisen könnte: dass nämlich Orbán die Aufmerksamkeit von US-Präsident Donald Trump erheischen und von diesem ins Weiße Haus eingeladen werden will.

Das mag auf den ersten Blick absurd erscheinen, aber einige Indizien formen sich zu einem durchaus schlüssigen Tableau zusammen. Zum einen betonte Orbán mehrfach selbst – so auch einem für ihn untypischen Besuch bei der Parlamentsfraktion seiner Fidesz-Partei vor dem entscheidenden Votum -, dass es für die CEU einen Ausweg gebe, wenn Ungarn und die USA ein zwischenstaatliches Abkommen abschließen. Ein solches auszuhandeln sei er, Orbán, jederzeit bereit. Trump verachtet Soros ähnlich herzlich, wie es bei Orbán der Fall ist. Doch in den USA ist akademische Freiheit ein hohes Gut. Die US-Reaktionen auf das Budapester Gesetz zeigen, dass dieses über die Parteigrenzen hinweg abgelehnt wird.

So reihte sich etwa der ehemalige Gouverneur des US-Bundesstaates New York, George Pataki, ein gestandener Republikaner, unter die Kritiker ein. Nun war Orbán der erste europäische Regierungschef, der sich schon im vergangenen Juli vorbehaltlos zu Trump bekannt hatte. Als er ihm nach dem Wahlsieg telefonisch gratulierte, habe Trump ihn sogar ins Weiße Haus eingeladen. So stellte es Orbáns Sprecher dar.

Dass daraus bisher nichts wurde, scheint Orbán nervös zu machen. Just am Tag der Billigung der "Lex CEU" gab das Außenamt in Budapest bekannt, dass die Botschafterin in Washington, Réka Szemerkényi, bereits nach zwei Jahren von ihrem Posten abberufen werde. Offenbar wird der Fachdiplomatin und Pro-Atlantikerin angelastet, dass sie mit Orbáns ersehnter Washington-Einladung nicht weiterkam. Von Journalisten darauf angesprochen, äußerte sich Orbán sexistisch über seine Botschafterin. "Mit Frauensachen beschäftige ich mich nicht", gab er mürrisch von sich.

Trump hat aber andere Sorgen: Inmitten der FBI-Ermittlungen wegen der möglichen Absprachen zwischen Mitgliedern seines Wahlkampfteams und russischen Offiziellen dürfte er nicht ausgerechnet mit jenem Orbán vor den Kameras posieren wollen, der sich dem Präsidenten Wladimir Putin angebiedert hat wie kein anderer Premier eines Nato-Landes.

Der ehemalige ungarische Finanzminister Lajos Bokros vermutet sogar, dass Orbán das Gesetz zur Ausschaltung der CEU sogar auf Putins Wunsch hin auf den Weg gebracht haben könnte. Tatsächlich weilte der russische Präsident erst im Februar zu einem Besuch in Budapest. Laut russischen Zeitungsberichten soll er sich bei Orbán darüber beschwert haben, dass zahlreiche ihm nicht freundlich gesonnene Spitzenpolitiker in den sowjetischen Nachfolgestaaten die CEU absolviert hätten.

Kern für Standort Wien

Die CEU kämpft unterdessen um ihr Überleben. Vizerektor Zsolt Enyedi bezeichnete Wien im Gespräch mit der APA als "eine Option von vielen" für einen neuen Standort der Hochschule. "Aber im Moment versuchen wir alles, um gegen dieses Gesetz anzukämpfen." Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) ist für eine Verlegung nach Wien. Er habe mit Soros telefoniert, so das Bundeskanzleramt, dabei aber kein konkretes Angebot gemacht. (Gregor Mayer aus Budapest, 6.4.2017)