Den Grünen geht's derzeit nicht so gut, den Neos höchstens so-so. Damit ist die von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler ausgeplauderte präferierte Koalitionsvariante seines Chefs Christian Kern, nämlich Rot-Grün-Pink, so ziemlich zerbröselt.

Es wäre sich nach jetzigem Umfragestand (SPÖ 29 Prozent, Grüne elf bis zwölf Prozent, Neos fünf bis sechs Prozent) ohnehin nicht ausgegangen. Wenn man davon ausgeht, dass es Kern gelingt, die SPÖ bei Neuwahlen noch etwas über 30 Prozent zu bringen und Grüne wie Neos halbwegs stabil bleiben, dann vielleicht. Aber beide Oppositionsparteien leiden an strategischen Defiziten.

Die Grünen haben eine ausgewachsene Führungsdiskussion. Schon vor dem ungeschickten Verhalten in der Sache der sekkanten Jungen Grünen gab es innerparteilich und auch unter wohlwollenden Beobachtern Zweifel an Eva Glawischnig. Dass sie ein Feindbild aller rechten und reaktionären Frauenhasser ist, zeigte sich zuletzt wieder in der Schadenfreude über ein unverständliches Urteil des OGH. Der sprach einen Troll frei, der Glawischnig eine völlig idiotische Aussage ("Asylwerber dürfen auf Mädchen losgehen") in den Mund gelegt hatte. Das sei nämlich "Satire". Worüber die im OGH lachen können ...

Glawischnig hat allerdings Schwächen, die auch Gutwilligen auffallen. Es gelingt ihr nicht, die Regierung in Verlegenheit zu bringen, und auch nicht so richtig, das grüne Potenzial auszuweiten.

Die Neos haben das Pech, dass ein fragwürdiger Abgeordneter zur ÖVP überlief und ein wichtiger Abgeordneter in die Privatwirtschaft geht. Grundsätzlich bedrohlicher ist es aber, dass etliche Neos-Wähler in Sebastian Kurz eine akzeptable Alternative sehen. Viele sind ja wegen der Erstarrung der ÖVP von dort weggegangen und erhoffen sich nun von Kurz frischen Wind. Die Neos leisten gute Arbeit, wenn es darum geht, der Wirtschaftskammer oder der Sozialbürokratie Beine zu machen. Aber da fehlt noch was.

Vor allem fehlt, wie gesagt, eine halbwegs realistische Aussicht auf eine Mehrheit für eine rot-grün-pinke Koalition. Das wiederum motiviert den rechten Flügel der SPÖ unter der Führung des burgenländischen Landeshauptmanns Niessl, den Parteivorsitzenden und Kanzler Kern in die Richtung einer rot-blauen Koalition zu schubsen (wobei auch hier die SPÖ noch zulegen müsste, denn die FPÖ liegt in den Umfragen noch immer bei über 30 Prozent).

Niessl lässt keine Gelegenheit aus, sein burgenländisches Patent (Koalition mit FP) anzupreisen. Zusätzlich brüskiert der Burgenländer Hans Peter Doskozil als dafür unzuständiger Verteidigungsminister bewusst den Kanzler mit unabgesprochenen Vorstößen in der Flüchtlingsfrage. Vermutung: Wenn Kern keine rot-blaue Koalition will, dann macht das dann halt der Doskozil als sein Nachfolger. Allerdings muss man erst sehen, ob Niessl unbeschadet aus dem sich anbahnenden Skandal um die Krankenhaus-Holding aussteigt.

Jedenfalls ist im Grunde auch Kern in einer strategisch nicht beneidenswerten Lage. (Hans Rauscher, 7.4.2017)