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"Wir sind eine offene, demokratische Gesellschaft, und das werden wir auch bleiben", sagt der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven.

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Blumen in Gedenken an die Opfer.

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Die schwedische Kronprinzessin Victoria (39) legte in der Nähe des Tatorts rote Rosen nieder.

Ermittlungen nach dem Anschlag in Stockholm.

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Eine Polizistin am Anschlagsort am Samstag.

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Stockholm – Der mutmaßliche Terroranschlag mit einem Lastwagen in der Stockholmer Innenstadt geht nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden auf das Konto eines 39-jährigen Usbeken. Ob der am Freitagabend festgenommene Mann aus Sympathie für die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gehandelt habe, werde noch untersucht.

"Nichts besagt, dass wir die falsche Person festgenommen haben", betonte Reichspolizeichef Dan Eliasson am Samstag auf einer Pressekonferenz in Stockholm. Man könne aber noch nicht ausschließen, dass mehrere Menschen an der Tat beteiligt gewesen seien.

Sieben Befragte

Sieben Personen seien befragt worden. Das sagte ein Polizeisprecher am Sonntag im schwedischen Fernsehen. Die Polizei durchsuchte am Morgen eine Adresse in Sollentuna, nördlich von Stockholm. "Wir waren seit Freitag an verschiedenen Adressen in ganz Stockholm", sagte eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur.

"Ich kann aber nicht bestätigen, dass die Durchsuchungen in Zusammenhang mit der Tat am Freitag stehen." Ein Lkw war am Freitagnachmittag in einer belebten Einkaufsstraße erst in eine Menschenmenge und dann in ein Kaufhaus gerast. Ein 39-jähriger Mann aus Usbekistan steht unter Terrorverdacht.

Vier Menschen getötet

Staatsanwalt Hans Ihrman sagte auf die Frage nach einem terroristischen Motiv: "Viel spricht zum jetzigen Zeitpunkt dafür, dass das der Fall ist." Das Telefon des Verdächtigen und seine Aktivitäten in sozialen Netzwerken würden untersucht, teilten die Ermittler weiter mit.

Am Vortag war ein Lastwagen im Zentrum der schwedischen Hauptstadt in eine Menschenmenge und dann in ein Kaufhaus gefahren. Dabei wurden vier Menschen getötet. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden gab es außerdem 15 Verletzte. Davon waren am Samstagnachmittag acht noch im Krankenhaus.

Drei der vier Todesopfer wurden identifiziert. Ihre Angehörigen seien informiert, sagte ein Polizeisprecher am Sonntagmorgen im schwedischen Fernsehen.

Unter den vier Toten des mutmaßlichen Terroranschlags in Schweden ist auch eine Belgierin. "Wir haben leider beim Attentat von Stockholm eine Landsmännin verloren", teilte Außenminister Didier Reynders am Sonntag auf Twitter mit. "Ich drücke ihrer Familie und ihren Angehörigen mein Beileid aus."

Der Verdächtige war der Polizei seit dem Vorjahr namentlich bekannt. "Wir konnten keine Verbindungen zu extremistischen Milieus bestätigen", sagte Anders Thornberg von der schwedischen Sicherheitspolizei mit Blick auf die damaligen Untersuchungen.

Nach dem Anschlag in Stockholm gebe es genügend Verdachtsmomente, um den Mann festzuhalten. Das Tatmotiv sei derzeit aber noch unklar. "Wir kennen seine Absichten nicht", sagte Eliasson über den 39-Jährigen.

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Der Täter war am Freitagnachmittag mit einem gekaperten Lastwagen zuerst in eine Menschenmenge in einer großen Stockholmer Einkaufstraße gefahren, dann in die Front eines Kaufhauses. Dort fing der Lkw Feuer, der Täter floh. Schwedischen Medien zufolge wurde der Mann in einem Geschäft in Märsta nördlich von Stockholm festgenommen worden.

Technisches Gerät im LKW gefunden

Die Polizei fand auf dem Fahrersitz in dem Lastwagen "ein technisches Gerät, das dort nicht sein sollte". Man könne aber noch nicht sagen, ob es sich bei dem Fund um eine brennbare Substanz handle. Das solle nun eine Untersuchung klären, so Eliasson. Der staatliche Sender SVT hatte zuvor berichtet, die Ermittler hätten in dem Tatfahrzeug Sprengstoff gefunden. Dieser sei in einer Tasche entdeckt worden.

Der Anschlag hat die Hauptstadt und das nordeuropäische Land tief erschüttert, das öffentliche Leben kam weitgehend zum Erliegen. Augenzeugen berichteten von "Unmengen an Blut" und Leichen auf dem Asphalt.

Öffentlicher Verkehr wieder in Betrieb

Der Lastwagen wurde in der Nacht auf Samstag abgeschleppt und soll nun kriminaltechnisch untersucht werden. Der Tatort und die Umgebung blieben zunächst abgesperrt. Nachdem der U-Bahn- und Zugverkehr in Stockholm stundenlang stillgestanden war, rollten am frühen Morgen wieder Züge aus den Bahnhöfen. Die schwedischen Behörden bleiben in Alarmbereitschaft. Zehn Tage lang sollen alle Ausreisenden an den Grenzen kontrolliert werden, sagte Ministerpräsident Stefan Löfven.

In der Einkaufsstraße Drottninggatan hatte es bereits im Dezember 2010 einen Anschlag gegeben. Damals explodierte dort ein Auto, während sich fast zur gleichen Zeit an einer anderen Straße im Zentrum Stockholms ein 28-jähriger Schwede irakischer Abstammung in die Luft sprengte. Zwei Passanten wurden leicht verletzt. Auch der Mord an dem damaligen schwedischen Regierungschef Olof Palme 1986 hatte sich ganz in der Nähe abgespielt.

Gedenkfeier am Montag

Für die Opfer des Lkw-Anschlags soll es am Montag zu Mittag eine Gedenkfeier und eine landesweite Schweigeminute geben, kündigte Löfven an, nachdem er einen Strauß roter Rosen in der Nähe des Tatorts niedergelegt hatte. Nun müssten er und seine Landsleute versuchen, ihre Wut in etwas Konstruktives zu verwandeln. "Wir sind eine offene, demokratische Gesellschaft, und das werden wir auch bleiben."

Die schwedische Kronprinzessin Victoria (39) und ihr Mann Prinz Daniel (43) legten am Tag nach dem Lkw-Anschlag in der Nähe des Tatorts rote Rosen nieder. "Ich fühle große Trauer und Leere", sagte die Thronfolgerin laut Boulevardzeitung "Aftonbladet". "Aber ich fühle trotzdem eine Stärke, denn die Gesellschaft hat mit enormer Kraft gezeigt, dass wir uns dem hier entgegensetzen."

Betroffenheit und Entsetzen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen nannte den mutmaßlichen Terroranschlag eine "entsetzliche, verabscheuungswürdige Tat". "Mein Mitgefühl ist bei den Opfern und ihren Angehörigen", schrieb er auf Facebook. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) schrieb auf Facebook: "Fürchterliche Nachrichten aus Schweden. (...) Unsere Gedanken sind bei den Hinterbliebenen der Opfer." Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) schrieb auf Facebook: "Ich verurteile den hinterhältigen Terroranschlag (...) Unsere Gedanken sind bei den Opfern, ihren Familien und Freunden. Wir trauern mit ihnen." Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich "tief betrübt über die tragischen Ereignisse" in Stockholm. "Stehen in dieser Stunde der Trauer SWE-Freunden bei; werden allen Formen des Terrorismus gemeinsam begegnen", formulierte er auf Twitter. (APA, red, 8.4.2017)