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Protest gegen die Abschaffung von Obamacare im März im kalifornischen Vista.

Foto: REUTERS/Mike Blake

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Ein mit bunten Ostereiern geschmückter Baum in Hamburg.

Foto: ap/Daniel Bockwoldt

Auch so kann man Ostereier färben: Das Abbild von Gräsern und Kräutern auf der Schale macht Zwiebelschalensud sichtbar.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Nach dem Palmsonntag beginnt die Karwoche. Der Ostersonntag fällt immer auf den ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling. Da der kalendarische Frühlingsbeginn am 21. März ist, erstreckt sich der Spielraum für den Ostersonntag nach Adam Riese auf fünf Wochen. Das heißt, er kann auf einen Sonntag zwischen dem 22. März und dem 25. April fallen. Das Osterfest bildet gewissermaßen einen Fixpunkt, nach dem sich die anderen beweglichen Feiertage des Kirchenjahres richten. Das könnte der Lernstoff in einer Rechen- oder Religionsstunde sein. You think, the kids could’nt care less?1

In der Karwoche stecken dem Wortsinn nach recht viel Kummer und Sorgen, und das schon seit undenklichen Zeiten: Bereits im Gotischen war kara als "Sorge" belegt, zu althochdeutsch kara gesellen sich "Leid, Wehklagen und Buße" dazu, "Trauer und Wehklagen" lastet auch auf mittelhochdeutsch kar. Die Karwoche (neuenglisch Holy Week, italienisch settimana santa, französisch semaine sainte) trägt diesen Namen, weil sie uns an die Leiden Jesu gemahnen soll. Auch das Altenglische war nicht sorgenfrei (cearu/caru "Sorge, Kummer"), aber die Zeiten haben sich geändert. War man einst cearig "traurig" und sorgte sich ängstlich um allerhand, so ist man heute chary of praise "knausrig mit Lob".

Die ursprüngliche Bedeutung war "vorsichtig". Auf gut verschnürten Paketen liest man häufig die Aufschrift "Handle with care". Das US-Gesundheitsversorgungspackerl Obamacare, von Trumps Amtsvorgänger geschnürt, wollte Trump fallen lassen und wegschaffen. Er ist kläglich gescheitert. Was wird als Nächstes im Weißen Haus gespielt? – Schwer zu sagen. Jetzt ist Feierabend, und auch der caretaker (Hausmeister2) hat vom Theater genug.

Diese kuriose Entdeckung möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Auch im Adjektiv karg verbirgt sich das alte Wort kar3. An das Nomen trat die Ableitungssilbe -ag, aber das -a- fällt früh aus. Im Althochdeutschen ist karag/karg in der Bedeutung "traurig, gramgebeugt, besorgt, umsichtig", jedoch auch "schlau, geizig" belegt. Mittelhochdeutsch karc gibt hauptsächlich Charaktereigenschaften eines Menschen mit Bauernschläue wieder, der hinterlistig ist und klug. Heute sind Menschen, die mit Worten geizen, wortkarg, und andere, die sparsam mit Lob umgehen, kargen mit Anerkennung. Und unsere Zeit ist soundso karg bemessen.

Wie schlagen wir nun die Brücke zum heutigen Wortsinn?

Vergegenwärtigen wir uns die Grundbedeutung "besorgt und bekümmert (sein)" und stellen wir uns jemanden vor, der sorgsam seine Habe oder seine knappen Vorräte bewacht und überlegt, wie viel er davon anderen abgeben könnte und wie viel er selbst beansprucht. Geschäftssinn und gutes Haushalten sind Teil des Bedeutungsumfanges, den karc im Mittelhochdeutschen hat, nämlich "klug und schlau". Allzu große Sparsamkeit hingegen kann einen Menschen dazu verleiten, dass er sehr auf den eigenen Vorteil bedacht ist und knausrig wird. So bleiben die Lebensumstände karg, der Ernteertrag dürftig, das Geld immer knapp – bis heute. So eine knauserige Haltung kennzeichnen auch dänisch karrig und niederländisch karig.

Kurios ist auch, dass wir in der Toskana ein regional gebräuchliches Adjektiv finden, nämlich gargo, in der Bedeutung "schlau, raffiniert und hinterlistig". Man staune, denn das Wort ist durch langobardische4 Vermittlung vom Norden nach Süden in diese Gegend gewandert und hat bemerkenswerterweise heute noch ziemlich genau den Bedeutungsumfang von mittelhochdeutsch karc konserviert.

"Buona Pasqua!" wünscht man sich in Italien. In vielen Sprachen geht die Bezeichnung für Ostern auf aramäisch pascha zurück, das dem hebräischen pésach entspricht: spanisch pascua, französisch Pâques, niederländisch Pasen, schwedisch påsk, dänisch, norwegisch påske.

Bei uns gibt es zu Ostern traditionellerweise einen Osterstriezel aus Germteig. Der Striezel ist ein Zopf, und die Etymologie von Ostern ist eine haarige Sache. Deshalb schneiden wir den Striezel zuerst an. Im Grimm’schen Wörterbuch ist der Striezel mit den Nebenformen Stritzel und Strützel verzeichnet. Im Althochdeutschen ist der Stollen aus feinem Mehl als struzzil, im Mittelhochdeutschen als strützel/strutzel (mit und ohne Umlaut) belegt. Das -ü- wird entrundet zu -i- und dieses sekundär gedehnt. Standardsprachlich hat sich die Schreibung mit -ie- durchgesetzt. Landschaftlich aber hat sich kurzes -i- in der Aussprache gehalten. Der Striezel erfreute sich so großer Beliebtheit, sodass er auch in Polen gebacken wird, wo er als deutsches Lehnwort ins Backrohrgeschoben wird: strucla "Striezel, Stollen".

Am Wort Ostern (neuenglisch Easter) ist in Fachkreisen schon sehr viel herumgetüftelt worden.5 Am hartnäckigsten hat sich der Glaube gehalten, es verstecke sich eine Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin namens Ēostrae im Wort. Diese Annahme geht auf den angelsächsischen Mönch und Gelehrten Beda Venerabilis (673-735) zurück, der als Namensspenderin für den April altenglisch ēostur-mōnaÞ "Ostermonat" besagte Ēostrae vermutete. Diese Erklärung wurde von Jacob Grimm gestützt, der von der althochdeutschen Bezeichnung ōstarmānoth "Ostermonat, April" eine Göttin Ostara ableitete, die aber in keiner Textstelle belegt ist, weshalb diese Hypothese von Kritikern als nicht haltbar angesehen wird.

Eine zweite Vermutung bringt Ostern in Zusammenhang mit der lateinischen Bezeichnung für die Karwoche: hebdomada alba "weiße Woche". Mit albae werden im Lateinischen auch weiße Gewänder bezeichnet, wie sie zum Beispiel zu einem Taufritual angezogen werden. Das Wort albus/alba "weiß, blank, hell" lebt ja noch fort in den romanischen Sprachen, italienisch und spanisch alba, französisch aube "Morgendämmerung, Tagesanbruch", nach dem gleißenden (weißen) Licht der Sonne. Da die Sonne im Osten aufgeht, so meint man, habe althochdeutsch ōstarun als Übersetzung herhalten müssen. Deshalb wird Ostern mit der Himmelsrichtung Osten in Verbindung gebracht.

Laut einer weiteren Hypothese sei in Ostern ein indogermanisches Wort für den Tagesanbruch6 konserviert, und demzufolge sei Ostern zu lateinisch Aurora, der Göttin der Morgenröte, zu stellen.

Der jüngste Deutungsversuch geht von einem Taufritual mit Namensgebung aus. Als Beweis wird das Altnordische herangezogen, wo ausa "schöpfen" und austr "Begießen mit Wasser" bedeutet. Austr ist aber auch das altnordische Wort für Osten, hier fallen also zwei etymologisch nicht verwandte Wörter, die lautgleich sind, zusammen.

Genug des Rätsellösens! Ich wünsche Ihnen frohes Eierpecken! Vor allem: Take care! (Sonja Winkler, 10.4.2017)