Jordan Mallon mit Schädeln von (von links nach rechts) Tyrannosaurus rex, Protoceratops andrewsi und Allosaurus fragilis. In seiner Hand hält er den eines kleinen Stegoceras validum.

Foto: Dan Smythe, Canadian Museum of Nature

Ottawa – Wenige gesicherte Erkenntnisse gibt es nach wie vor zum Sexualdimorphismus von Dinosauriern – also der äußeren Unterscheidbarkeit der Geschlechter unabhängig von den eigentlichen Geschlechtsorganen. Und das wenige, das man bisher zu wissen glaubte, hat nun ein kanadischer Paläontologe in Frage gestellt.

Hier scheint die Unterscheidung einfach – aber wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass sich die Macher der beliebten Serie "Die Dinos" auch nur mit Accessoires wie Kleidung oder Schmuck behalfen, um männliche und weibliche Dinosaurier unterscheidbar zu machen.
Kimberly M.

Ein Blick auf die Gegenwart legt zumindest die Vermutung nahe, dass es solche Unterschiede gegeben hat. Die Vögel als einzige heute noch lebende Dinosaurier sind ein Beispiel für ausgeprägten Sexualdimorphismus. Allerdings ist der für uns auffälligste Unterschied – das tendenziell prächtigere Gefieder der Männchen – zugleich etwas, das wenig bis gar nicht in Fossilien erhalten bliebe.

Auch bei den nächsten Verwandten der Dinos, den Krokodilen, lässt sich ein klarer Sexualdimorphismus feststellen – die Männchen sind im Schnitt um einiges größer als die Weibchen. Und wiederum würde das zu mehrfach interpretierbaren Fossilien führen: Sehr ähnliche, aber unterschiedlich große Knochen können genauso gut unterschiedlichen Lebensstadien, aber auch unterschiedlichen Arten zugeordnet werden. Ein Beispiel ist die strittige Frage, ob es sich beim Nanotyrannus um einen jugendlichen T. rex oder eine eigene Spezies gehandelt habe.

Unklare Datenlage

Jordan Mallon vom Canadian Museum of Nature hat sich der Frage gewidmet, wie aussagekräftig Größe und Form der Knochen für eine Geschlechtszuordnung von Dinos sein können. Er ging die Daten von neun Spezies durch, von Ceratopsiern bis zu Theropoden. Zu allen hatte es Studien über geschlechtsbezogene Unterschiede gegeben. Insbesondere zum Protoceratops andrewsi, einem nur schafsgroßen Verwandten des Triceratops, galt es seit den 1970er Jahren als gesichert, dass der charakteristische Nackenschild und der Nasenhöcker bei den Männchen ausgeprägter gewesen seien als bei den Weibchen.

Das stellt Mallon nun in Frage. Er legte strenge statistische Kriterien an die damaligen Untersuchungen an und kam zum Befund, dass sie alle mit zu kleinen Samples gearbeitet hätten. Sie seien nicht repräsentativ und daher nicht aussagekräftig.

Mühsame Suche nach der Antwort

Laut Mallon gibt es bislang nur sehr wenige Belege für eine eindeutige Zuordenbarkeit: Etwa wenn das Körperinnere eines fossilierten Tiers ganze Eier enthält. Außerdem gebe es im Gewebe der Röhrenknochen Unterschiede zwischen Männchen und eierlegenden Weibchen. Man müsse solche eindeutigen Fälle heranziehen, um sich dann die übrigen morphologischen Merkmale anzusehen. Gehen sie mit bestimmten Größen oder Formen einher, kann man diese den Weibchen zuordnen – die anders geformten stammen dann eben von Männchen.

Das Problem daran ist, dass man eine große Anzahl von Fossilien einer einzigen Spezies braucht, um eine statistisch verlässliche Auswertung durchzuführen. Das Problem bleibt vorerst also ungelöst. Mallon behauptet zwar nicht, dass es keinen Sexualdimorphismus bei Dinosauriern gegeben habe – aber es liegen auch keine fossilen Belege für einen vor: "Die Jury berät noch." (jdo, 14. 4. 2017)