Wien – Im Hof des Gregor-Mendel-Hauses an der Universität für Bodenkultur schart sich eine kleine Gruppe an Studierenden um eine Kaffeemaschine. Service ist das oberste Credo der Aktionsgemeinschaft (AG), die bei der ÖH-Wahl 2015 rund 27 Prozent erreichte und damit den ersten Platz. Der Biokaffee wird im Pappbecher an die vorbeieilenden Studierenden verteilt.

Um die Wähler von ihren Standpunkten zu überzeugen, liegt ein Arsenal an Wahlkampf-Goodies bereit: Feuerzeuge, Kugelschreiber und Fahrradsattelschoner. Die AG-Mitglieder sind modisch breit aufgestellt: Von Lederhosen über Filzhüte bis zu engen Jeans und Polohemden ist jeder Stil dabei. Bei manchen fallen die knallorangefarbenen Socken auf, die zwischen Hosenbein und Schuh hervorblitzen.

Die Spitzenkandidatin der Aktionsgemeinschaft stellt sich vor.
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Auf der Boku hat die AG keinen leichten Stand, mit 42 Prozent stellt die Fachschaftsliste (Flö) die Exekutive. Die AG ist trotz ihrer 32 Prozent zur Oppositionsarbeit verdammt, weil man mit der Flö auf keinen grünen Zweig gekommen ist. Die Fachschaft spricht sich gegen jede Form der Zugangsbeschränkungen aus, "ein Standpunkt, dem wir nichts abgewinnen konnten", sagt ein Aktivist.

Inhalte statt politischer Orientierung

Ein ähnliches Problem hat die AG auch auf Bundesebene: Als stimmenstärkste Fraktion drückt sie die Oppositionsbank. "Wir versuchen, unsere Forderungen an den verschiedensten politischen Stellen zu deponieren, wirklich gehört wird aber die Exekutive der ÖH", klagt Silvia Grohmann, Spitzenkandidatin der AG. Sie studiert Jus und Chemie und ist seit zwei Jahren in der Institutsvertretung engagiert. Den Weg zu höheren Weihen in der ÖVP-nahen AG führte für sie über die Inhalte, nicht über politische Orientierung. Sie will sich politisch nicht einordnen lassen. Mit den Themen der AG könne sie sich zu hundert Prozent identifizieren, sagt die Kärntnerin.

AG-Kandidatin Silvia Grohmann (links) verteilt Flyer auf der Boku.
Foto: Christian Fischer

Spricht man mit der 22-Jährigen, fällt häufig das Wort "Qualität". Diese müsse man im Studium wieder sicherstellen. Das Auf-dem-Boden-Sitzen in der Vorlesung und Extrasemester wegen zu weniger Seminarplätze sollen der Vergangenheit angehören. Ein Aufnahmetest muss nicht unbedingt her, um überfüllte Hörsäle zu vermeiden. Man setzt bei der AG auf die gezielte Beratung von Maturanten bezüglich der Studienwahl, verpflichtende Motivationsschreiben und Self-Assessment.

Neben mehr Service findet sich im Forderungskatalog auch das Ende verpflichtender Genderkurse, "dort wo sie nicht für das Fachgebiet relevant sind". Man solle selbst entscheiden, ob man geschlechtergerecht formuliere.

Foto: Christian Fischer

Die ÖH-Exekutive würde Studierende "politisch bevormunden", sagt Grohmann. Sauer stößt ihr besonders das Engagement der linken Listen rund um die Bundespräsidentenwahl auf: "Ein Aufruf, wählen zu gehen, ist in Ordnung. Das kann man vor lauter Lernen ja mal vergessen." Eine Wahlempfehlung oder Demos gegen einen Kandidaten gingen zu weit. Über die Grenzen der Hochschule hinaus Politik zu machen schmälere den Einfluss der Studierendenvertretung. (David Tiefenthaler, 13.4.2017)