Auch wenn es auf Bundesebene nun doch keine zwei grünen Listen geben wird: Diese Wahl der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) könnte spannend werden. Die Chance für eine Machtverschiebung ist groß.

Das Zünglein an der Waage – die parteiunabhängige Fraktion Engagierter Studierender (Fest) – kandidiert bei den Wahlen von 16. bis 18. Mai nicht mehr bundesweit. Derzeit stellt eine linke Koalition aus Grünen Alternativen StudentInnen (Gras), dem Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ), den parteiunabhängigen Fachschaftslisten (Flö) und eben der Fest die Exekutive der Bundesvertretung. Ohne die zwei Mandate der Fest geht die linke Mehrheit verloren, wenn die anderen Fraktionen ihre Stimmen nicht ausbauen – und das wird eine Herausforderung.

Die Gras ist zwar die zweitstärkste Fraktion und hat bei der letzten Wahl 2015 vier Prozentpunkte dazugewonnen, sie ist durch die parteiinternen Streitigkeiten aber angeschlagen. Durch die Abspaltungen in Graz und Linz wird sie wohl eher Stimmen verlieren als dazugewinnen.

Der VSStÖ muss das Kunststück schaffen, weiterhin gegen Zugangsbeschränkungen zu argumentieren, während ihr Parteivorsitzender Christian Kern diese in der Regierung mit der Studienplatzfinanzierung gerade umsetzt. Von dem allen profitieren könnten die Fachschaftslisten, die sich mit keiner Mutterpartei herumschlagen müssen und an den Universitätsstandorten gut verankert sind.

Für die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) besteht die Möglichkeit, als eigentlich stärkste Fraktion das erste Mal seit fast zehn Jahren wieder den Vorsitz zu stellen. Um ihr Wahlversprechen von mehr Geld für die Universitäten einzuhalten, muss sie allerdings weg von einem Verständnis der ÖH-Arbeit, das sich hauptsächlich auf Partys und das Kopieren von Skripten konzentriert, hin zu einem politischen Verständnis der Vertretungsarbeit. Nur so lässt sich Einfluss auf die Regierung nehmen, was ohnehin für alle ÖH-Vertreter schwierig ist, weil die Interessen der Studierendenvertreter oft die letzten sind, die beachtet werden.

Einen oder mehrere Koalitionspartner wird die AG jedenfalls brauchen. Inhaltlich kommen dabei vor allem die Junos infrage. Die beiden Fraktionen müssten ordentlich zulegen, um zu zweit die Exekutive stellen zu können: 2015 kamen sie auf 22 der nötigen 28 Sitze. Die Junos haben zuletzt fast fünf Prozentpunkte dazugelegt. Ob noch mehr für die Position pro Studiengebühren und Aufnahmeprüfungen drin ist, scheint fraglich.

Grundsätzlich würde der ÖH Veränderung guttun. Die Viererkoalition bringt wenig weiter, die Abstimmungsprozesse sind mühsam, auch deshalb, weil die Fraktionen basisdemokratisch organisiert sind. In der Gras gilt zudem das Konsensprinzip, das auch zu den Abspaltungen in Linz und Graz geführt hat.

Das Vorsitzteam ist in den vergangenen zwei Jahren kaum in der Öffentlichkeit aufgefallen, und das, obwohl die SPÖ durch den Schwenk von Bundeskanzler Christian Kern ihre Position geändert hat und die Wahrscheinlichkeit von flächendeckenden Zugangsbeschränkungen an den Universitäten noch nie so groß war wie jetzt.

Vor einigen Jahren hätten die ÖH-Vorsitzenden wohl Demonstrationen organisiert, jetzt beschränken sie sich auf eine Medienaktion und eine Presseaussendung. Laut geht anders.

(Lisa Kogelnik, 11.4.2017)