Es sind tendenziell ältere und höher gebildete Frauen, die während der Schwangerschaft Alkohol konsumieren. Auch dieses interessante Detail zeigte die Studie.

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Dass der Konsum von Alkohol in jeder Phase der Schwangerschaft zu Fehlbildungen beim ungeborenen Kind führen kann und schon geringe Mengen das Kind nachhaltig schädigen können, ist bekannt. Und doch greifen viele schwangere Frauen regelmäßig zum Glas oder zur Flasche. Am häufigsten tun das im europäischen Vergleich die Britinnen, am seltensten die Norwegerinnen. Das zeigt eine aktuelle Studie mit 7.905 Frauen aus elf Ländern.

Nicht weniger als 28,5 Prozent der Schwangeren in Großbritannien trinken demnach regelmäßig Alkohol – das ist mehr als jede Vierte. Es folgen werdende Mütter in Russland mit 26,5 Prozent und in der Schweiz mit 20,9 Prozent. Am seltensten trinken Schwangere in Norwegen, Schweden und Polen Alkohol – nämlich vier, 7,2 und 9,7 Prozent. Im europäischen Durchschnitt konsumieren 16 Prozent der Schwangeren Alkohol.

Mixtur mehrerer Faktoren

Die Erklärung, dass Frauen in Ländern, in denen generell mehr Alkohol getrunken wird, auch eher in der Schwangerschaft trinken, greift den Forscherinnen und Forschern zu kurz. Dann müssten nämlich schwangere Polinnen und Französinnen ähnlich viel trinken wie die Britinnen. Das sei aber nicht der Fall. "Die nationalen Unterschiede im Trinkverhalten der Schwangeren dürften mehrere Gründe haben", sagt Studienleiterin Hedvig Nordeng vom Norwegischen Institut für öffentliche Gesundheit.

"Eine Rolle könnten national unterschiedliche Empfehlungen für Schwangere, unterschiedlich verbreitete Aufklärungskampagnen oder Unterschiede in der Versorgung von Schwangeren spielen", so Nordeng. Auch die verbreitete Haltung bezüglich Alkohol in der Schwangerschaft oder eine Kombination all dieser Faktoren könne das Trinkverhalten der werdenden Mütter beeinflussen. Das glaubt auch Angela Lupattelli von der Universität Oslo. Sie hat die Studie in Norwegen und Italien koordiniert. "Wir nehmen an, dass sowohl soziale als auch kulturelle Faktoren eine Rolle spielen."

Höher Gebildete trinken eher

Wichtiges Detail: Die trinkenden Frauen wussten, dass sie schwanger waren – der Alkoholkonsum ist ihnen also nicht etwa in den ersten Schwangerschaftswochen einer ungeplanten oder unentdeckten Schwangerschaft "passiert". Und: Es sind tendenziell ältere und höher gebildete Frauen, die während der Schwangerschaft Alkohol konsumieren. Es zeigte sich auch ein Zusammenhang mit dem Rauchen: Demnach griffen eher Frauen in der Schwangerschaft zur Flasche, die davor geraucht hatten.

Warum aber konsumieren gerade ältere und höher gebildete Frauen trotz der Schwangerschaft Alkohol? Die Forscherinnen vermuten, dass diese kritischer gegenüber jenen Richtlinien sind, die absolute Alkoholabstinenz in der Schwangerschaft empfehlen. Etwa deshalb, weil sie nach früheren Schwangerschaften, während derer sie geringe Mengen Alkohol konsumierten, gesunde Kinder zur Welt brachten. (lima, 13.4.2017)