Jakob Pöltl vor der Skyline von Toronto. Abseits des Basketballs führt der 21-jährige Wiener eher ein ruhiges Leben.

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Raptors-Individual-Trainer Jamaal Magloire warnt junge NBA-Spieler vor den Gefahren (Familie, Geld, Frauen) abseits des Feldes. Pöltl glaubt, bei Frauen vorsichtig sein zu müssen.

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Pöltl im Einsatz für die Raptors in Dallas und im Duell mit Mavericks-Guard J.J. Barea.

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Pöltl mit Clippers-Akteur Marreese Speights im Anflug.

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STANDARD: Die NBA-Playoffs stehen vor der Tür, die Zeit für Heldengeschichten beginnt. Denken Sie darüber nach, dass Sie Ihren Marktwert mit guten Leistungen gerade im Titelkampf steigern können?

Jakob Pöltl: Bisher nicht. Ich habe vor, noch länger bei Toronto zu bleiben, und muss mir keinen zusätzlichen Leistungsdruck in den Playoffs auferlegen. Jetzt wird es aber ernst. Ich will mit unserem Team zumindest in die zweite oder dritte Runde kommen, was schwer genug wird, weil die Konkurrenz sehr stark ist. Es wird keine einfache Serie gegen Milwaukee, auch wenn wir natürlich Favorit sind.

STANDARD: Sie kamen in den vergangenen zwei Monaten im Schnitt auf 13 Minuten Spielzeit pro Partie, wurden von Ihren Teamkollegen häufig angespielt. Sind Sie zufrieden mit Ihrer ersten NBA-Saison?

Pöltl: Auf jeden Fall. Ich habe bisher auch gutes Feedback von den Trainern und dem Management bekommen. Es geht nicht darum, dass ich in den ersten zwei Jahren eine riesengroße Erfolgsstory raushaue und im dritten Jahr aus der NBA draußen bin. Ich will mich langfristig etablieren.

STANDARD: Mit Serge Ibaka verpflichtete Toronto während der Saison einen Spieler, der auch Ihre Position besetzt. Trotzdem haben Sie seitdem mehr Minuten bekommen. Warum?

Pöltl: Das ist eine gute Frage. Ich habe mich das ganze Jahr lang reingehauen und die Chance genutzt, die ich bekommen habe. So läuft das in der NBA. Du kriegst nicht viele Chancen, um deinem Coach zu zeigen, dass du bereit bist und deinem Team helfen kannst.

STANDARD: Auffällig sind oftmalige Schiedsrichterentscheidungen gegen Sie, nur weil Sie ein Rookie sind. Wie schaffen Sie es, ruhig zu bleiben, wenn die Schiris offensichtlich gegen Sie pfeifen?

Pöltl: Es ist eine Gewöhnungssache. Die Schiedsrichter kennen mich noch nicht gut. Die Erfahrung spielt aber eine wichtige Rolle in der NBA. Die Routiniers werden besser behandelt. Manchmal mache ich noch dumme Fouls. Ich bin nicht der Typ, der auszuckt, sondern ich ärgere mich eher innerlich. Manchmal sieht man es, wenn ich gar nicht einverstanden bin mit einer Entscheidung. Manche Fouls sehe ich aber gar nicht so schlimm, weil der Gegner dann keinen einfachen Korbleger, sondern Freiwürfe bekommt.

STANDARD: Wie viel Zeit bleibt Ihnen außerhalb des Trainings- und Spielbetriebs? Und wofür haben Sie dann noch Muße?

Pöltl: Mein Zeitplan ist gar nicht so schlimm. Als einer der jungen Spieler trainiere ich aber auch zwischen den Spielen hart. Deshalb schlafe ich viel untertags, mein Restprogramm gestaltet sich meistens eher ruhig.

STANDARD: Sie mieten eine Wohnung, leisten sich mittlerweile einen BMW. Ist eine Änderung des Lebensstils als NBA-Profi, der fast drei Millionen Dollar im Jahr verdient, unausweichlich?

Pöltl: Es lässt sich manchmal kaum vermeiden. Bei Auswärtsspielen nutze ich in teuren Hotels etwa den Room-Service. Früher hätte ich nie so viel Geld für Essen ausgegeben. Jetzt ist es einfach die beste Option, weil ich nicht eine halbe Stunde in einer fremden Stadt herumirren will, bis ich etwas finde, das preisleistungsmäßig passt. Ich versuche, meine Ausgaben aber nach wie vor unter Kontrolle zu halten.

STANDARD: Raptors-Individualtrainer Jamaal Magloire zählte dem STANDARD in einem Gespräch die Gefahren für junge NBA-Spieler abseits des Feldes auf: Familie, Geld, Frauen. "Man muss den Fokus behalten", sagt er. Lauern diese Gefahren auch auf Jakob Pöltl?

Pöltl: Nein, nicht wirklich. Ich bin sehr froh, eine super Familie zu haben. Beim Thema Geld habe ich bisher einen kühlen Kopf bewahrt, habe nicht groß zum Wetten angefangen oder mein Gehalt für unnötige Sachen ausgegeben. Ich leiste mir auch im Gegensatz zu vielen meiner Teamkollegen keine teure Kleidung, weil ich darauf keinen großen Wert lege. Frauen? Da heißt es vorsichtig sein.

STANDARD: Magloire sprach auch über Dinge, die über Erfolg oder Misserfolg in einer jungen Spielerkarriere entscheiden: etwa das Zeitmanagement oder auf den Körper zu achten.

Pöltl: Unser Zeitplan ist oft ungewöhnlich. Nach Auswärtspartien kommen wir manchmal erst um drei Uhr in der Früh heim, am nächsten Tag ist aber wieder Training oder sogar ein Spiel. Das ist nicht normal, daran muss man sich gewöhnen. Auf die Müdigkeit der Spieler wird aber Rücksicht genommen. Ich habe kein Problem damit, wenn ich einmal einen Tag weniger schlafe, das verkrafte ich ganz gut.

STANDARD: Sie haben auch einen Freundeskreis aus Uni-Studenten in Toronto. Ist Ihnen das wichtig, dass Sie sich nicht nur mit Basketballmillionären umgeben?

Pöltl: Das ist eher passiert. Aber es ist mir schon wichtig, dass ich auch eine andere Welt um mich herum habe. Momentan ist es aber sehr schwer, für meine Freunde Zeit zu finden.

STANDARD: Vermissen Sie die gemeinsamen Momente mit Menschen in der Heimat, die Ihnen wichtig sind?

Pöltl: Sicherlich. Es ist schon bitter, dass ich nur mehr sehr sporadisch zu Hause bin. Aber das gehört zum Profisportleben dazu. Toronto und Salt Lake City sind aber zwei coole Städte, wo ich bisher viel Spaß gehabt und neue Freunde gefunden habe.

STANDARD: Gefällt Ihnen eigentlich Ihr Spitzname "the Austrian hammer"?

Pöltl: Ich finde ihn okay. Wenn er für eine schöne Aktion im Spiel gebraucht wird, von mir aus. Im Alltag bleibe ich lieber bei Yak.

STANDARD: Österreichs Basketballnationalteam spielt im Sommer eine Vorqualifikation für die WM 2019 in China. Gegner sind Albanien und die Niederlande. Kann Teamchef Kestutis Kemzura mit Jakob Pöltl rechnen?

Pöltl: Ich will sehr gerne für Österreich spielen. Bisher gab es gutes Feedback von Toronto, es schaut nicht schlecht aus. Aber die letzte Entscheidung obliegt den Raptors, und die wird es vor Ende der Playoffs wohl auch nicht geben. (Florian Vetter, 15.4.2017)