Wien – Eine Schale mit gelben Äpfeln und zwei kleine Töpfchen mit Narzissen stehen auf einem Tisch, der vor einem mit Blättern verzierten Wohnwagen vor der Uni Wien steht. Zu Obst und Blumen gesellen sich Glückskekse, Fahrradglocken, Ökostifte und Hipsterturnbeutel. "Immer Gras dabei", steht in pinker Schrift auf dem dunkelgrünen Stoff.

derStandard.at

"Die kommen wirklich sehr gut an", sagt eine Aktivistin der Grünen und Alternativen Studierenden (Gras). Hinter dem Tisch steht Marita Gasteiger. Die grüne Spitzenkandidatin bei den ÖH-Wahlen verteilt Flyer an Studierende. Bleiben diese stehen, bittet Gasteiger sie um eine Unterschrift für ihre Petition, die den offenen Hochschulzugang fordert.

Gegen die Wand laufen

"Die Gras steht kompromisslos für den offenen und freien Hochschulzugang", sagt Gasteiger über ihre Entscheidung, im Jahr 2014 der Gras beizutreten. "Es ist schwierig, sich an der Hochschule zu behaupten, ohne einen akademischen Hintergrund zu haben." Sie selbst ist auf einem Bauernhof in Südtirol aufgewachsen – mit Hühnern, Kühen und Zwergziegen. "Die mag ich sehr, weil sie so stur sind", sagt Gasteiger. Als sie ihr Slavistikstudium in Wien begonnen hatte, fand sie zur Studierendenvertretung. Dort habe die 26-Jährige bald gemerkt, dass "ich gegen die Wand laufe". Angestrebte Änderungen konnten aus Kostengründen oft nicht durchgesetzt werden. "Ich wollte die Ursachen angehen, nicht immer nur das Schlimmste verhindern."

Den Flugblättern, die vor dem Wohnwagen verteilt werden, sind Sticker beigelegt. "_innen", steht auf dem mit Regenbogenstreifen. "Es ist gut, dass sie LGBT-Rechte offen unterstützen und repräsentieren", sagt eine junge Studentin. Die meisten, die am Stand vorbeikommen, haben von der ÖH-Wahl zwar gehört, wissen aber nur wenig über die einzelnen Fraktionen. "Ich nehme an, Sie gehören zu den Grünen, oder?", fragt eine Studentin im dritten Semester: "Ich habe mich noch nicht wirklich informiert." Gasteiger will daher die Arbeit der ÖH sichtbarer machen: "Es ist ein sehr großes Projekt, das muss auf allen Ebenen passieren."

Foto: Christian Fischer

Möglichkeit dazu hätten sie jedenfalls bereits gehabt. Seit 2001 ist die Gras – mit Ausnahme einer kleinen Unterbrechung von 2008 bis 2009 – in der Exekutive der ÖH-Bundesvertretung. 2015 erreichten sie mit 20,1 Prozent Platz zwei. In der Koalition mit dem Verband Sozialistischer Studierender, den Fachschaftslisten und der Fraktion Engagierter Studierender stellte sie, obwohl sie die meisten Mandate einbrachte, nie die Vorsitzende. "Unser Ziel ist weiterhin eine progressive, kritische ÖH", sagt Gasteiger: "Wir hoffen auf 21 bis 25 Prozent bei der Wahl."

Grundstipendium für alle

Neben mehr Sichtbarkeit will Gasteiger ein Grundstipendium in der Höhe von 840 Euro monatlich für alle Studierenden umsetzen. "60 Prozent der Studierenden arbeiten nebenher, die konventionelle Studienbeihilfe bekommen nur noch zwölf Prozent, sie liegt durchschnittlich bei 300 Euro", sagt Gasteiger: "Von Existenzsicherung sind wir weit entfernt."

Marita Gasteiger (mit Apfel) ist Spitzenkandidatin der Gras, die zuletzt wegen des Streits mit den Grünen Studierenden in den Schlagzeilen waren. Florian Ladenstein ist selbst von der Grünen Jugend, er unterstützt die Gras.
Foto: Christian Fischer

Unterstützt wird Gasteiger beim Verteilen von Florian Ladenstein. Der Aktivist der Jungen Grünen ist seit einem Jahr auch bei der Gras. "Es gibt keine einheitliche Meinung bei uns", sagt er mit Blick auf den Streit und die Abspaltung der Grünen Studierenden und darauf, dass die Jungen Grünen angekündigt hatten, diese zu unterstützen. "Es ist bedauernswert, wie weit das gekommen ist", sagt Gasteiger zum Ausschluss der Jugendorganisation durch die Parteiführung. (Oona Kroisleitner, 19.4.2017)