Wien – Es ist nicht schwer zu erraten, womit sich Herr B. so beschäftigt. Der 32-jährige Musikstudent kommt mit einem Gitarrenkoffer in den Verhandlungssaal, in dem er sich vor Richter Roman Palmstingl wegen des Vorwurfs der Fälschung besonders geschützter Urkunden verantworten muss.

Im Herbst 2015 beantragte der Unbescholtene nach einem erfolgreichen akademischen Auslandsaufenthalt dafür eine Beihilfe. Die wäre ihm auch zugestanden, allerdings wurde die Sachbearbeiterin misstrauisch. Denn Stempel und Unterschrift auf dem Formular des Studienerfolgsnachweises waren mit jenen auf dem rund ein Jahr zuvor gestellten Antrag für den Auslandsaufenthalt identisch.

"Gänzlich unschuldig"

"Ich bin gänzlich unschuldig", beteuert der freischaffende Musiker, der von rund 800 Euro im Monat lebt. Ja, er habe die Formulare – die selbst schon Kopien gewesen sind – an die Beihilfenstelle geschickt. Aber den Stempel und die Unterschrift habe er ganz sicher nicht kopiert.

Zum Beweis legt er ein angebliches Original vor. Palmstingl ist allerdings aufmerksam. "Das ist ja nicht dasselbe", merkt er an. Und verweist darauf, dass auf einem Schreiben beim Datum "Juni" ausgeschrieben und auf dem anderen als "6." zu finden ist. B. muss das eingestehen, bleibt allerdings trotzdem bei seiner Verantwortung.

Der Studiendirektor, der als Zeuge befragt wird, bestätigt, dass der Stempel aus seinem Büro ist, die Unterschrift identifiziert er als jene seiner engsten Mitarbeiterin.

Nachreichung wäre möglich gewesen

Die Angestellte der Studienbeihilfestelle, die die Angelegenheit ins Rollen gebracht hat, weist darauf hin, dass der Antrag wenige Tage vor Ablauf der Frist eingereicht worden ist. Die aber eigentlich keine Rolle gespielt hätte: "Wenn der Stempel fehlen würde, würden wir das nachfordern." Im April 2016 bekam der Angeklagte den Studienerfolg tatsächlich rechtskonform bestätigt.

"Was hätte ich denn für einen Grund gehabt, das zu kopieren?", fragt der Student den Richter. Die Staatsanwältin gibt in ihrem Schlussplädoyer eine mögliche Antwort: "Es gab ein Fristproblem, und Sie wussten damals nicht, dass man die Bestätigung auch nachträglich einreichen kann."

720 Euro Geldstrafe

Palmstingl sieht das auch so und verurteilt B., nicht rechtskräftig, zu 720 Euro Geldstrafe oder drei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe. "Es ist mir nicht erklärlich, wie Sie sich so verantworten können", erklärt er dem ohne Verteidiger erschienenen Angeklagten. "Wie soll denn die Kopie sonst entstanden sein, wenn nur Sie damit befasst gewesen sind?" (Michael Möseneder, 24.4.2017)