Sebastian Kurz, Wolfgang Sobotka (beide ÖVP), Hans Peter Doskozil (SPÖ) – und nun reiht sich auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in die Riege jener österreichischen Politiker ein, die mit unrealistischen Vorschlägen die Flüchtlingskrise in Europa lösen wollen, um damit den regierungsinternen Wettkampf "Wer ist hier der Härteste?" für sich zu entscheiden. Erinnert sei an Flüchtlingscamps in Nordafrika oder alternativ Georgien im Sinne einer "australischen Lösung". Oder an den Vorschlag einer EU-weiten Obergrenze, an den man sich – aus gutem Grund – schon fast nicht mehr erinnern kann.

Nun also Kern, der Flüchtlingscamps unter anderem in Libyen und Afghanistan aufstellen und von europäischen Soldaten bewachen lassen will. Also in jenen Ländern, in denen man mitunter nur schwer sagen kann, welche Regierung, welche Miliz, welche Terrorgruppe oder welcher Stamm in welchem Gebiet gerade das Sagen hat (Libyen); oder in dem bei einem Taliban-Angriff gerade mehr als 140 Soldaten getötet wurden (Afghanistan).

Das Motiv dahinter ist klar: Es gilt, sich vor möglichen vorgezogenen Nationalratswahlen in die Pole-Position zu manövrieren. Und das schafft man nicht, indem man sagt, was der Realität entspricht: Wir arbeiten an einer Lösung mit Rückführungsabkommen, Hilfsgeldern für Herkunftsländer, mit der Stärkung der libyschen Einheitsregierung. Aber diese Lösung wird dauern – noch sehr lange dauern. (Kim Son Hoang, 23.4.2017)