Was Demonstranten seit Monaten tun, machten zuletzt auch die Demokraten im US-Kongress: Mauer gegen die Schutzwallpläne von Präsident Trump. Dieser zog die Forderung nach sofortiger Finanzierung dann zurück.

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Staatsdiener wurden reihenweise in den Zwangsurlaub geschickt, in den Ministerien herrschte geisterhafte Stille, Nationalparks mussten schließen, weil das Personal nicht mehr entlohnt werden konnte. Beim letzten Mal, als ein "Shutdown" den amerikanischen Regierungsbetrieb lähmte, blieben 850.000 Beamte 16 Tage lang unfreiwillig zu Hause, während vielerorts der Tourismus einbrach und das Bruttoinlandsprodukt um schätzungsweise 24 Milliarden Dollar schrumpfte. Nun droht sich das Debakel des Herbstes 2013 zu wiederholen, falls es Demokraten und Republikaner beim ersten handfesten Haushaltsstreit der Ära Trump nicht gelingt, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden.

Am Samstag, ausgerechnet am 100. Tag der Präsidentschaft Donald Trumps, wird dem Fiskus das Geld ausgehen. Verabschiedet der Kongress bis dahin kein Ausgabengesetz, um im laufenden Finanzjahr – bis September – über die Runden zu kommen, droht die Stilllegung weiter Teile der Bundesverwaltung, eben der Shutdown.

Trumps schneller Rückzieher

War es seinerzeit die Tea-Party-Fraktion der Republikaner, die mit der fiskalischen Brechstange ein Ende der Gesundheitsreform Barack Obamas erzwingen wollte, so sitzt der größte Störfaktor diesmal im Oval Office. Man wäre schon weiter bei der Suche nach einem Ausgleich, hätte sich Trump nicht eingemischt, geben die Verhandlungsführer der Opposition ungeschminkt zu verstehen. "Falls sich der Präsident heraushält, kriegen wir es vielleicht hin", sagt Charles Schumer, der ranghöchste Demokrat im Senat.

Trump wiederum lässt ein Handlungsmuster erkennen, wie man es zuletzt immer wieder studieren konnte. Erst pokert er hoch, dann folgt ein überraschend schneller Rückzieher, was er mit dem Satz kommentiert, dass er stolz auf seine Flexibilität sei. Im Wahlkampf war kaum ein Tag vergangen, an dem er seine Anhänger nicht im Chor rufen ließ, wer den Bau einer Mauer an der mexikanischen Grenze bezahle: "Mexiko! Mexiko! Mexiko!" Dann hieß es, dass Uncle Sam das Geld vorschieße und das Nachbarland später zur Kasse bitte. Schließlich, im Poker um die Staatsausgaben, bestand Trump zunächst auf einer Novelle, in der die erste Tranche zur Finanzierung der geplanten Mauer festgeschrieben werden sollte. Bei den Demokraten biss er damit auf Granit. Da das Gesetz den Kongress nur passiert, wenn ihm mindestens 60 Senatoren zustimmen, die Republikaner aber nur auf 52 Senatssitze kommen, blieb der Regierungspartei nichts anderes übrig, als auf die Opposition zuzugehen: Ein am Dienstagabend kursierender Entwurf enthielt keine Mittel für das Prestigeprojekt mehr.

Einer Autoritärer verliert Autorität

Interessant ist, dass sich auch in den konservativen Reihen Widerspruch regte: Es spricht Bände über den schleichenden Autoritätsverlust Trumps. Nie und nimmer werde man auf den mehr als zweitausend Meilen zwischen Pazifik und Golf von Mexiko eine Mauer errichten, sagt der Senator Lindsey Graham, ohne sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen. "Ich denke, das Wort Mauer ist einfach ein Synonym für eine bessere Überwachung der Grenze." Zusätzliche Sensoren, zusätzliche Flutlichtmasten, zusätzliche Drohnen: Dafür können sich auch Demokraten wie Schumer erwärmen. Die Konturen eines Budgetkompromisses sind also bereits erkennbar. Die Frage ist nur, ob der Präsident nicht erneut dazwischenfunkt.

In einem der jähen Wendemanöver, wie sie zum Markenzeichen seines Regierungsstils werden, signalisierte Trump am Montagabend auf einmal Verhandlungsspielraum. Mit der Finanzierung des Mauerbaus könne man auch noch bis September warten, ließ er bei einem Empfang für konservative Medienvertreter wissen. Tags darauf wandte er sich schon dem nächsten Thema zu, einer Steuerreform, deren Grundzüge er bereits am Mittwoch skizzieren will. Noch vor wenigen Tagen, so berichten es amerikanische Zeitungen, wusste sein Beraterteam nichts von der bevorstehenden Präsentation konkreter Steuerpläne. Schon wieder wirkt es wie der Schnellschuss eines Hyperaktiven, der von Ankündigung zu Ankündigung springt, statt geduldig Nägel mit Köpfen zu machen. (Frank Herrmann aus Washington, 25.4.2017)