Chris Ferguson, 2,06 Meter groß, spielte seit Spätherbst 2016 beim BC Vienna, für den er in acht Spielen durchschnittlich 12,4 Punkte erzielte und 7,5 Rebounds holte. Für die Hauptstädter ist Fergusons Verlust schmerzlich. In die Playoffs geht man mit einer starken Starting Five, von der Bank gibt es damit gar keine Entlastung mehr.

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"Auch Freizeitdrogen können leistungssteigernd wirken und stehen auf der Verbotsliste der Wada", sagt David Müller von der Anti-Doping-Agentur.

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STANDARD: Der US-Basketball-Legionär Chris Ferguson wurde von der Österreichischen Anti-Doping-Rechtskommission für vier Jahre gesperrt, nachdem er positiv auf den Konsum von Kokain und Ecstasy getestet worden war. Eine harte Strafe für eine Partydroge?

David Müller: Die Standardsperre im Welt-Anti-Doping-Code ist seit dem Jahr 2015 auf vier Jahre festgelegt. Kokain wirkt leistungssteigernd und stimulierend und sorgt gerade in Spielsportarten für höhere Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit. Kokain wird also nicht nur als Partydroge verwendet.

STANDARD: Früher betrug die Sperre zwei Jahre. War das nicht ausreichend?

Müller: Bei einer zweijährigen Sperre verging oftmals ein halbes Jahr nur durch den Prozess. Der Sportler stand also nach eineinhalb Jahren wieder im Wettkampf und verlor womöglich nicht einmal Sponsoren. Die neue Sanktionsregelung der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) setzt auf Abschreckung. Für einen jungen Sportler geht es sich noch aus, nach einer Sperre zurückzukommen. Für einen 25- oder 26-Jährigen bedeutet eine Dopingsperre wohl das Karriereende.

STANDARD: In der NBA hätte Ferguson wohl keine vier Jahre bekommen.

Müller: Ja, das ist der Wada auch ein Dorn im Auge, aber sie hat da relativ wenige Möglichkeiten. Die Profiligen verwalten sich ja selbst, die Regulative werden zwischen den Besitzern und den Spielervertretern ausgedealt, daher gibt es da keine einheitliche Vorgangsweise. Die NBA hat derzeit meines Wissens 20 Spiele Sperre vorgesehen, die NFL sieht für dasselbe Vergehen vier Spiele Sperre vor.

STANDARD: Gibt es im Sport auch Probleme mit echten Freizeitdrogen?

Müller: Auch Freizeitdrogen können leistungssteigernd wirken und stehen auf der Verbotsliste der Wada. Auch für Cannabinoide im Wettkampf drohen bis zu vier Jahre Sperre. Wobei hier der Grenzwert für eine positive Probe in den letzten Jahren deutlich heraufgesetzt wurde. Wir hatten früher relativ viele Fälle, ich denke, dass die Wada auch deshalb reagiert hat, da der Cannabiskonsum in immer mehr Ländern wie etwa den Niederlanden oder Teilen der USA legal ist.

STANDARD: Ferguson hat auf eine Berufung verzichtet. In seinem Fall unwahrscheinlich, aber was passiert, wenn ein Sportler behauptet, ihm seien verbotene Substanzen in sein Essen oder Trinken gemischt worden?

Müller: Der Satz "Ich habe das Mittel vom Arzt bekommen und keine Ahnung gehabt, was drin ist" entlastet den Sportler nicht. Er ist für alles verantwortlich, was in seinen Körper kommt. Beim Verdacht auf Sabotage wird die Beweisführung sehr schwer. Das Strafrecht ist da sicher beschuldigtenfreundlicher.

STANDARD: Im Strafrecht gilt der Grundsatz "in dubio pro reo".

Müller: Im Anti-Doping-Code gleicht die positive Analyse der gefundenen Tatwaffe, ist somit ein sehr starker Beweis. Gibt es keine positive Probe, muss die Nada Austria aber auch wie im Strafrechtsverfahren eine vollständige Beweiskette aufbauen. Im Fall Humanplasma ging es beispielsweise um Gespräche, Protokolle, Dokumente und Augenzeugenberichte. Sämtliche Hinweise und Indizien wurden von den strafrechtlichen Ermittlungsbehörden und der Nada geprüft und entsprechende Sanktionen und Strafen ausgesprochen. Insgesamt wurden in dieser Causa 21 Sportlerinnen und Sportler und drei Betreuer wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Bestimmungen gesperrt. Es wurden Sperren von insgesamt 810 Monaten ausgesprochen, zwei Personen erhielten zusätzlich sogar lebenslange Sperren. Es gab aber auch ein paar wenige Fälle, wo es Indizien gab, die aber dann nicht zu einer Anklage oder Sanktionierung gereicht haben. Das ist einerseits ärgerlich für uns, andererseits aber auch ein gutes Signal dafür, dass wir einen funktionierenden Rechtsstaat haben.

STANDARD: Im Breitensport wird so viel gedopt wie nie zuvor. Wahr oder falsch?

Müller: Falsch. Mich ärgert an den Vorwürfen, dass alle Sportler in einen Topf geschmissen werden. Nehmen wir als Beispiel die Ausdauersportarten. Wir beobachten, dass es neben den Elite- und Spitzensportlern eine Gruppe an sehr ambitionierten Sportlern gibt, die für ihre Ausrüstung sehr viel Geld investieren und sehr intensiv trainieren. In der Vergangenheit hatten wir aus diesem Bereich sehr wohl Personen, die bereit waren, aus dubiosen Quellen beispielsweise Epo oder Anabolika zu bestellen, um fürs eigene Ego ein paar Plätze weiter vorne zu landen. Deswegen dopen aber nicht die Hälfte aller Breitensportler, wie oftmals behauptet. Wenn man sich die Zahlen, die da kolportiert werden, genau ansieht, dann werden immer auch Schmerzmittel als Doping bezeichnet, obwohl die meisten gängigen Mittel nicht auf der Verbotsliste stehen. Die Einnahme von Schmerzmitteln ohne medizinische Indikation ist sehr wohl ein Problem, wenn auch nicht unter dem Schlagwort Doping.

STANDARD: Wer beobachtet die Szene. Oder beobachtet sie sich selbst?

Müller: Wir bekommen immer mehr Hinweise von Trainern und Whistleblowern. Die müssen wir auf ihre Glaubwürdigkeit prüfen. Das "Vernadern" bei der Nada ohne Anhaltspunkte ist also nicht möglich. Wenn es aber konkrete Verdachtsmomente gibt, sind wir natürlich sehr dankbar. Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, dass es in einigen Sportarten, beispielsweise im Triathlon, eine sehr starke Community gibt, die sich für sauberen Sport einsetzt und immer wieder Hinweise liefert.

STANDARD: Wie viele Dopingkontrollen gab es im Vorjahr in Österreich?

Müller: In den letzten Jahren haben wir rund 2.600 Kontrollen durchgeführt, heuer werden es ähnlich viele sein. Eine Kontrolle ist wie ein Planquadrat zu sehen. Für den, der kontrolliert wird, ist es nicht immer angenehm, die Mehrheit der Sportler – wie auch die Mehrheit der Autofahrer im Straßenverkehr – hat aber damit überhaupt kein Problem. Dopingkontrollen schützen ja die sauberen Sportler, genauso wie die Kontrollen der Polizei dabei helfen, alkoholisierte Lenker aus dem Verkehr zu ziehen und dadurch für Sicherheit auf den Straßen zu sorgen. (Florian Vetter, 28.4.2017)