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Trainer Andreas Heraf hat beim ÖFB sehr oft gejubelt.

Foto: apa/epa/pemberton

Wien – Mit Flucht, sagt Andreas Heraf, habe es nichts zu tun. Dass er im September 50 Jahre alt wird, spielt auch keine Rolle. "Mit einer Midlife-Crisis kann ich nicht dienen. Das Leben ist mit 50 ja nicht vorbei." Für Heraf fängt es in Neuseeland an. Vor ein paar Tagen wurde er zum Sportdirektor des nationalen Fußballverbandes bestellt, der Vertrag ist unbefristet, Arbeitsantritt ist am 1. September. "Ich suchte eine Herausforderung." Der alte Job war kein schlechter, neun Jahre lang diente er dem ÖFB als Nachwuchsteamchef. Heraf erreichte fünf Endrunden, er leitete die Akademien. Als er 2015 mit der U20-Auswahl bei der WM in Neuseeland engagiert war, hat es "klick" gemacht. "Es war Liebe auf den ersten Blick, die Schönheit der Landschaft hat mich fasziniert und nicht mehr losgelassen."

Es folgten private Urlaube, die Beziehung wurde intensiver. "Das Meer, die Freundlichkeit, das positive Denken der Menschen. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Die Sehnsucht nach meinem Lieblingsland wuchs und wuchs."

Bereits 2015 hat er lose Kontakte geknüpft, ohne Hintergedanken. "Mir ging es ja gut beim ÖFB." Im Dezember 2016, Heraf weilte in Neuseeland, wurde die Verbindung konkreter, ein Funktionär wies ihn darauf hin, dass man einen Sportdirektor suche. Heraf: "Ich glaube nicht an den Zufall, aber dieses Gespräch ist eher zufällig zustande gekommen." Er bewarb sich, schickte den Lebenslauf, präzisierte seine Vorstellungen. Vor rund drei Wochen präsentierte er sich über Skype zwei Stunden lang den Verbandsgremien. "Ich dürfte überzeugend gewesen sein, bekam den Job." Der Wiener Heraf ist somit der Willi Ruttensteiner von Neuseeland.

Das Nationalteam der Männer ist die Nummer 112, jenes der Frauen liegt auf Platz 20. Heraf: "Ich habe keine Vorgaben, was die Weltrangliste betrifft. Es geht darum, sich regelmäßig für Endrunden und Olympische Spiele zu qualifizieren – vom Nachwuchs bis zu den A-Teams." Fußball ist die Nummer drei in der Hierarchie, hat Rugby und Cricket vor sich. "Bei den Mitgliedern sind wir schon Erster." Ein nationales Leistungszentrum samt Akademie in der Nähe von Auckland ist in Planung, Heraf kümmert sich zudem um die Trainerausbildung. Mit Teamchef Anthony Hudson pflege er regen Kontakt. "Wir sind auf einer Linie."

Kein Urwald

Die nächsten Monate verbringt Heraf noch in Österreich. Seine beiden Kinder sind flügge, die Lebensgefährtin übersiedelt mit ans Ende der Welt. "Ende der Welt klingt so negativ. Es ist ja kein Urwald ohne Zivilisation. Für mich wird es der Mittelpunkt der Welt." Als Fußballer sei man Reisen und Veränderungen gewöhnt. "Es spielt keine Rolle, ob du 300 oder 20.000 Kilometer weit weg bist."

Der elffache Teamkicker, der mit Rapid dreimal Meister und dreimal Cupsieger wurde, scheidet nicht im Groll. "Ich bin dem ÖFB dankbar für die Zeit. Aber natürlich waren mir Grenzen gesetzt, die U21- und das A-Team waren nie Thema. Der Mensch braucht Perspektiven. Neuseeland ist eine runde Geschichte." Der österreichische Fußball sei gut aufgestellt. "Da muss man sich keine Sorgen machen, es kommen Junge nach. Es ist schön, dass ich einen Beitrag leisten konnte."

Neuseeland, sagt Heraf, sei cool und entspannt. Er wird in Auckland eine Wohnung beziehen – "mit Blick aufs Meer". Das Land im Südpazifik zählt ein bisserl mehr als vier Millionen Einwohner. Die wahren Herrscher sind die Schafe, es gibt 40 Millionen davon, Tendenz steigend. Heraf ist aufgefallen, "dass es hier kaum Zäune gibt – höchstens für die Schafe, damit sie nicht auf die Straße laufen". Natürlich gehe es darum, erfolgreich zu sein, diesbezüglich ist der Fußball gnadenlos. "Erfolg brauchst du auch auf dem schönsten Fleck der Erde." (Christian Hackl, 29.4. 2017)