Der Stiftungsvorstand allein hat nach heutiger Rechtslage die Fäden in einer Privatstiftung in der Hand. Das stößt zunehmend auf Kritik.

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Wien – Das Set-up von Privatstiftungen mag unterschiedlich sein. Doch die meisten Stifter wollen, dass das Stiftungsvermögen ihrer Familie als Begünstigten zukommt und diese Einfluss und Entscheidungsgewalt über das Vermögen haben. Die anfänglichen Steuervorteile der Stiftung sind in den letzten Jahren fast zur Gänze weggefallen. Übriggeblieben ist eine verkorkste Stiftungsorganisation. Die Bundesregierung plant daher, im Mai einen Gesetzesentwurf zur Novellierung des Privatstiftungsgesetzes (PSG) vorzulegen.

Noch ist unbekannt, welche Änderungen der Gesetzgeber andenkt. Klar ist aber, dass sich die meisten Stifter mehr Einflussmöglichkeiten für Begünstigte und begünstigtendominierte Aufsichtsorgane wünschen. Dafür steht derzeit nur der Beirat zur Verfügung.

Die Gerichte haben in der Vergangenheit jedoch Rechte von begünstigtendominierten Beiräten, wie insbesondere Abberufung des Stiftungsvorstands, umfassende Zustimmungsvorbehalte und Vetorechte, Festlegung von Vergütung des Vorstands sowie die Auswahl von Begünstigten kritisch beurteilt und in Einzelfällen Organe mit derartigen Rechten als "aufsichtsratsgleich" oder sogar "vorstandsgleich" eingestuft.

Die Folge war etwa, dass in der Stiftungsurkunde vorgesehene Beiratsrechte und Kontrollmechanismen wirkungslos waren. Diese "strenge" Linie der Rechtsprechung überraschte, da das Gesetz zwar eine Beschränkung bei der Besetzung von Begünstigten als Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats, jedoch keinen vollständigen Ausschluss der Begünstigten von jedwedem Einfluss auf die Stiftung vorsieht.

Umständliche Regeln

Diese Rechtsprechung führt in der Praxis zwangsläufig zu umständlichen Regeln über die Entscheidungsfindung. Geleitet wird die Stiftung nämlich meist von familienfremden Stiftungsvorständen, die die Übernahme unternehmerischer Verantwortung und die damit verbundene persönliche Haftung – oder allein schon das Risiko, in einen Haftungsprozess verwickelt zu werden – scheuen.

Oft entscheidend für erfolgreiche Privatstiftungen ist, dass die das wirtschaftliche Risiko tragenden Personen – letztlich die Begünstigten – auch sinnvoll in die wesentlichen Entscheidungen miteinbezogen werden oder diese (mit)entscheiden können. Wird dieses Ergebnis jedoch mit grenzwertigen oder womöglich unwirksamen Regelungen erreicht, treten oft spätestens beim Generationenübergang Probleme auf.

Der im PSG vorgesehene Aufsichtsrat wird in der Praxis als Aufsichtsorgan überhaupt nicht genützt, da er nicht mehrheitlich mit Begünstigten besetzt werden darf und zwingend vom Gericht zu bestellen ist. Es stünde dem Wesen einer Stiftung nicht entgegen, den Aufsichtsrat vollständig mit Begünstigten zu beschicken und ihnen auch die Bestellung der Mitglieder zu erlauben.

Immerhin sind die Begünstigten die von den Geschäftsführungsentscheidungen des Stiftungsvorstandes wirtschaftlich Betroffenen und daher interessiert daran, ihn effektiv zu überwachen. Ringt sich der Gesetzgeber nicht zu einem geänderten Aufsichtsrat durch, so sollte er zumindest klarstellen, über welche Rechte ein begünstigtendominierter Beirat verfügen darf. Zustimmungsvorbehalte und Vetorechte, die denjenigen eines Aufsichtsrats einer AG entsprechen, sollten jedenfalls zulässig sein.

Mitsprache bei Zuwendungen

Weiters wäre klarzustellen, dass die Stiftungserklärung die Auswahl zukünftiger Begünstigter auch einem Begünstigten selbst oder einem begünstigtendominierten Organ einräumen kann. Dasselbe gilt für die Festlegung der Höhe der Zuwendungen. Auch das von der Rechtsprechung entwickelte Dogma, dass die Vergütung des Vorstands nicht von begünstigtendominierten Organen festgesetzt werden darf, verursacht in der Praxis regelmäßig Probleme.

Die wenigsten Stifter wünschen eine Involvierung der Gerichte in diesen Fragen. Die Vergütung des Vorstands alleine dem Vorstand selbst zu überlassen würde aber die Gefahr bergen, dass die Stiftung zu einem Selbstbedienungsladen wird.

Dies sind nur einige Beispiele, bei denen der Gesetzgeber einhaken kann. Viele Stifter schätzen die starke Zusammenhaltefunktion einer Stiftung – anders als bei einer Holding-GmbH kann man z. B. bei einem Familienstreit nicht einfach die Anteile verkaufen. Die Stifter wollen ihre Nachkommen jedoch meist nicht vollständig entrechten, und das ist rechtspolitisch auch wünschenswert. Zu hoffen ist, dass der Gesetzgeber in seiner Novellierung dem Stifter und seinen Nachfolgegenerationen mehr Gestaltungsfreiheit und Mitsprache einräumt. (Paul Rizzi, 2.5.2017)