Stefan Jellinek (1871-1968) war ein österreichisch-britischer Mediziner, der als einer der ersten Wissenschaftler die Auswirkungen des elektrischen Stroms auf den menschlichen Körper untersuchte. Er beschäftigte sich intensiv mit Elektrounfällen, untersuchte Menschen, die vom Blitz getroffen wurden, führte eine Reihe von Selbstversuchen durch und veröffentlichte seine bahnbrechende "Theorie vom elektrischen Scheintod". Dr. Jellinek fand heraus, dass man Menschen nach einem elektrischen Unfall durch geschickte Wiederbelebungsversuche oft noch retten kann.
Bekannt wurde Jellineks Theorie vor allem durch ein Ereignis im August 1924. Eine Frau und ihre kleine Tochter lagen im kleinen Ort Bruckneudorf/Kaisersteinbruch im Burgenland bereits in der Aufbahrungshalle – für tot erklärt, nachdem beide vom Blitz getroffen worden waren. Ein Urlauber, der Mediziner Dr. Warecha aus Wien, kam zufällig vorbei, hörte die Geschichte und schlug vor, Jellineks Theorie zu überprüfen. Warecha begann bei der Frau mit künstlicher Beatmung, und erklärte einem Bauern, der anwesend war, wie er dem kleinen Mädchen helfen musste. Und das "Wunder" geschah. Nach etwa einer Stunde intensiver Bemühungen erwachten die beiden vom Blitz Getroffenen wieder und lebten munter weiter. Jellineks Theorie war bestätigt.
Jellinek betreute auch das von ihm gegründete Elektropathologische Museum in Wien. In diesem sammelte er an die 1800 Präparate von Unfällen, um die Forschung zur Unfallverhütung und der Heilung von Folgen solcher Stromunfälle voranzutreiben. Die Universität Wien richtete 1929 sogar einen eigenen Lehrstuhl für Elektropathologie ein – als erste Universität weltweit.
Als Jude verlor Jellinek 1938 allerdings seine Stellung an der Universität und auch sein Museum. Er emigrierte nach Oxford, erhielt nach dem Zweiten Weltkrieg seine Sammlung zurück, blieb aber in England. Das Elektropathologische Museum in Wien betreute er jedoch weiter. Jellinek starb 1968.
Im Jahr 2005 wurde Jellineks umfangreiche Sammlung vom Technischen Museum Wien übernommen, wo Teile des ehemaligen Elektropathologischen Museums in Sonderausstellungen erkundet werden können.
Elektroschutz in 132 Bildern
In seiner kleinen Schrift "Elektroschutz in 132 Bildern" aus dem Jahr 1931 zeigt Jellinek anschaulich und plakativ, wie es zu Stromschlägen kommen kann und wie solche – teilweise skurrilen – Unfälle vermieden werden können.
Die Illustrationen in der Broschüre sind ausgesprochen drastisch und zeigen eine Vielzahl von Gefahrenquellen auf. Knallrot fließt der Strom unaufhaltsam durch Babys, Hausfrauen, Schaffner und kleine Burschen, die auf Dächer klettern. Vom Melken, Baden und Staubsaugen bis hin zum Einwerfen eines Briefes in den Briefkasten (!) – der Stromtod lauert überall. Selbst unsere tierischen Freunde sind nicht vor den Gefahren, die der elektrische Strom bereithält, sicher. Und natürlich darf auch der Klassiker nicht fehlen: Pinkeln von der Brücke, gut gezielt auf eine Starkstromleitung!
Hier eine Bildauswahl aus dem erstaunlichen Büchlein, das mitunter – neben aller Tragik – auch zum Schmunzeln anregt. (Kurt Tutschek, 3.5.2017)
Bildquelle
- Die Bilder wurden dem Autor vom Technischen Museum Wien zur Verfügung gestellt.
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