Sven Dolinski (Mitte) kann als Hamlet mit der ihm von Peter Knaack (Claudius, li.), Marcus Kiepe (Polonius, re.) und Dorothee Hartinger (Gertrud) zugedachten Zukunftsrolle wenig anfangen.

Foto: Reinhard Werner/Burgtheater

Wien – Dass der Haussegen im ersten Hause Dänemarks schief hängt, darf man sagen. Ebenso schief hängt die Videowand im Burg-Kasino. Sogar eine Säule des Palastes ist schon umgefallen. Prächtig passt die adelige Geschichte in das imperiale Gemäuer. Man erzählt dort Shakespeares Tragödie aus der Sicht von Hamlet und Ophelia. Der Rest der Besetzung sind für die Jungverliebten laut Titel nur: die anderen.

Also eigentlich unwichtig bis lästig. Denn Hamlets Mutter, sein Onkel und Ophelias Vater stellen sich gegen die Bindung. Normale Liebe gebe es für den Königssohn nicht, sind die Erwachsenen sich einig. Im Fechtkampf entwaffnen sie die Kinder mit guten Ratschlägen. Und auch wenn Hamlet aus dem Zukunftsbild, zu dem sie ihn über seinen Kopf hinweg mit Requisiten zurüsten, ganz real heraussteigt: Es nützt nichts. Er muss ins Internat. Aus der Kaderschmiede schickt er Briefe an Ophelia, selbst wieder heim darf er erst zur Beerdigung des Vaters.

Sensibel, geglückt

Obwohl dezidiert für Publikum ab 14 Jahren, lag der Altersschnitt der Premierengäste am Samstag deutlich darüber. Sie kamen nicht nur dank des großartigen Ensembles auf ihre Kosten: Hamlet, Ophelia und die anderen ist zwar aufbereitet für junges Publikum, aber ohne sich ihm anzubiedern. Der Text gelang Cornelia Rainer und Stephan Lack sensibel, Rainers Inszenierung steckt zudem voller mehr als nur geglückter Bilder.

Ein weiteres von ihnen: Dorothee Hartinger als Hamlets Mutter, die sich wohl selten so originell wie hier umgesetzt dem Onkel (Peter Knaack) zuwendet. Flugs wird das Sargtuch zum Brautschleier. Der Thronfolger dagegen versinkt in Kummer. Sven Dolinski ist aber auch überzeugend wütend, ironisch, flapsig. Wohl verdient sich seine Teenagerfigur also den Gang zum Therapeuten.

Sehr berechtigter Applaus

Videos u. a. aus solchen Kindertherapiestunden flimmern dann über verstreute Bildschirme. Auf ihnen wird zudem über "das Böse" räsoniert und im Internat gemobbt. Das ist schön gemacht. Aber einnehmender ist das Bühnenspiel. Jenes geht so schlecht aus, wie es bei Shakespeare muss. Christina Cervenka als liebliche Ophelia wird sich mit Kieseln ein Grab streuen. Marcus Kiepe als Polonius ist in fliederfarbenem Anzug und ebensolcher Manier bis zuletzt ein Vergnügen.

Der lange, sehr berechtigte Applaus galt hoffentlich auch der Musik und Ausstattung. Bravo! (Michael Wurmitzer, 1.5.2017)