Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner will das Anti-Kern-"Manifest" der Bundes-ÖVP nicht kommentieren.

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SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler spricht im ZiB2-Interview über Bundeskanzler Kern, das allgemeine Klima in der Koalition und über die Möglichkeit von Neuwahlen.

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Die umstrittene Broschüre der Bundes-ÖVP, die in Form eines "Manifests" vor einer rot-grünen Koalition warnt, soll laut ÖVP-Landesgeschäftsführer Dietmar Wetz nicht in Vorarlberg verteilt werden, berichtet ORF Vorarlberg. Auch auf Wunsch der Bundespartei werde man auf eine Verteilaktion verzichten. Angesprochen auf den Stil der Broschüre meinte Wetz: Mit Verunglimpfung des Gegners gewinne niemand Wahlen.

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Das "Manifest" sorgt seit Dienstag für Aufregung. ÖVP-Generalsekretär Werner Amon hat die Broschüre produzieren lassen. Auf 58 Seiten wird vor einer möglichen rot-grünen Koalition gewarnt. Kanzler Christian Kern wird im Sowjetstil als Marxist mit Hammer und Sichel dargestellt. Amon sprach von einer "Informationsbroschüre für unsere Funktionäre".

Nicht Stil der Landes-ÖVP

In Vorarlberg ist man wenig begeistert. Parteiobmann und Landeshauptmann Markus Wallner ließ auf Anfrage des ORF Vorarlberg ausrichten, er kommentiere die Broschüre nicht. Landtagsklubobmann Roland Frühstück sagte, er habe das "Manifest" nicht und könne es daher auch nicht bewerten. Mit Rot-Grün im Bund hätte aber auch er Sorgen – es sei in Ordnung, dass die ÖVP das aufzeige. Schließlich gebe es in allen Parteien Wahlkampfvorbereitungen. Und ÖAAB-Landesobmann Edgar Mayer sieht die Broschüre als Versuch, Klein- und Mittelunternehmer als ÖVP-Klientel zu retten, ihr Stil entspreche aber nicht dem der Landes-ÖVP.

"Unsägliches Kasperltheater"

Hubert Hämmerle, Präsident der Vorarlberger Arbeiterkammer, reagiert verärgert auf den "Blödsinn" aus den Parteizentralen von ÖVP und SPÖ. "Was soll dieser Quatsch", fragt sich der VP-Politiker und meint damit konkret das "Rittern um die Gunst des österreichischen Mittelstandes" mit "Retro-Manifesten sowie mit A-, B- und sonstigen Pizza-Plänen um die Gunst des österreichischen Mittelstandes". Die Politik der Koalitionsparteien sei nur noch peinlich, sagt der Vorarlberger Vertreter von Arbeitnehmerinnen und –nehmern. " Mit diesem unsäglichen Kasperltheater" könnten Mitterlehner und Kern die Menschen nicht auf ihre Seite bringen, sagt Hämmerle und rät: "Meine Herren, reden sie mit Facharbeitern oder mit Klein- und Mittelunternehmern. Die werden ihnen mitteilen, was für sie wichtig ist". Vorrangig sei die Abschaffung der kalten Progression fordert der AK-Chef, "und zwar noch heute". Denn diese schleichende Steuererhöhung fresse Lohnzuwächse ebenso auf wie die hart erkämpften Entlastungen der Steuerreform 2016.

"Geschmäcker sind verschieden"

Auch in Oberösterreich gärt es. ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer sagte Mittwochfrüh im ORF Oberösterreich: "Würden alle, die in Regierungen tätig sind, so viel Energie und Hirnschmalz auf die Regierungsarbeit verwenden, wie sie offensichtlich in taktische Spielchen investieren, wären wir wahrscheinlich in manchen Fragen schon weiter." Geschmäcker seien verschieden, sagte Stelzer aber auch: "In einer ÖVP, wo ich Verantwortung trage, würden wir das in diesem Stil nicht machen."

Deutlicher fiel die Kritik des ehemaligen Bürgermeisters von Steinbach an der Steyr, Karl Sieghartsleitner, aus. Kern habe es nicht verdient, "so dargestellt zu werden wie in dieser sinnlosen Broschüre, die niemandem hilft". Sieghartsleitner will eine Gruppe aktiver und ehemaliger ÖVP-Politiker und Funktionäre um sich geschart haben, die den Versand der Broschüre verhindern will.

"Seltsame" Aktion

In der Steiermark schüttelt man in der ÖVP eher den Kopf über die "seltsame" Aktion der Bundes-ÖVP. Offiziell will aber niemand Stellung nehmen. Verteilt wird das ÖVP-Manifest im Bundesland jedenfalls nicht. Auch aus einem einfachen Grund: "Wir haben kein Exemplar und werden es daher auch nicht verschicken", sagt ÖVP-Landesgeschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg. Der Kärntner ÖVP-Landesgeschäftsführer Josef Anichhofer meinte, er habe von der Broschüre erst aus den Medien erfahren und kenne sie nicht im Detail. "Die Abgrenzung zu Rot und Grün ist legitim und berechtigt, wir werden mit dieser Broschüre allerdings nicht hausieren gehen", so Anichhofer. Die burgenländische ÖVP hat – wie auch in Tirol und Salzburg – ebenfalls nicht vor, die Broschüre, die der Mobilisierung der eigenen Funktionäre dienen soll, zu verteilen. "Wir konzentrieren uns lieber auf unsere eigenen Vorschläge und produktive Ideen, als dass wir andere schlecht machen", meinte Landesgeschäftsführer Christoph Wolf.

Nur Wien zeigt Verständnis

Verständnis für den Frontalangriff auf Rot-Grün gibt es im von SPÖ und Grünen regierten Wien. Für den Wiener Landesparteichef Gernot Blümel sind "die Warnungen der Bundespartei absolut gerechtfertigt". Blümel: "Wir sind täglich mit den Trümmern rot-grüner Politik konfrontiert – von Unternehmervertreibung und Arbeitsplatzvernichtung bis zur Mindestsicherungsproblematik und Arbeitslosenrekord".

(jub, mue, red, APA 3.5.2017)