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Im brasilianischen Amazonasgebiet wird mit hydraulischen Bergbautechniken Gold abgebaut – etwa im Minendorf Água Branca.

Foto: Ricardo Funari / Getty Images

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Große Flächen werden durch illegale Goldminen vernichtet.

Foto: REUTERS/Paulo Santos

Ein paar Schüsseln, Plastikschläuche und eine Wasserpumpe: Viel mehr braucht ein "garimpeiro" nicht. Mit diesen wenigen Habseligkeiten machen sich jährlich immer noch tausende Goldsucher auf den Weg in den Amazonas-Urwald. Ihr Ziel sind Flüsse wie der Rio Juma mitten im Herz des Regenwaldes. Mit einfachsten Mitteln holen sie Schlamm aus dem Flussbett oder aus selbst ausgehobenen Gruben. Der Jahrhundertgoldrausch ist inzwischen verflogen, doch die Hoffnung auf den großen Fund ist bei den Schürfern geblieben. Inzwischen gibt es geschätzt mehr als 200.000 illegale Minen im Amazonas mit verheerenden Schäden für die Umwelt.

Vor zehn Jahren wurden am Rio Juma, etwa 400 Kilometer entfernt von der Urwaldmetropole Manaus, Goldvorkommen von ungewöhnlicher Reinheit entdeckt. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und zog zehntausende Glücksritter und Spekulanten an. Für die Umwelt entlang des Flusses war das ein Todesurteil. Rund 2.000 Quadratkilometer Regenwald wurden abgeholzt und der Rio Juma mit Chemikalien vergiftet. Etwa zehn Tonnen Gold wurden nach Schätzung der Behörden in der Region bereits geborgen, der größte Teil illegal.

Ureinwohnerrechte verletzt

Jetzt hat die Staatsanwaltschaft des Amazonas-Bundesstaates Klage gegen die Kooperative der illegalen Goldschürfer Cooperjuma und weitere Minenunternehmen wegen der massiven Umweltzerstörung eingereicht. Sie fordert eine Entschädigungszahlung von umgerechnet rund 300 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft will einen sofortigen Stopp jeglichen Goldabbaus und keine weitere Lizenzvergabe durch die Behörden für Minenfirmen durchsetzen. Zudem ließ sie die Konten von Cooperjuma blockieren.

Unterstützt wird die Staatsanwaltschaft vom Institut Chico Mendes, benannt nach dem Kautschukzapfer und legendären Gewerkschafter, der 1988 von Großgrundbesitzern ermordet wurde. Das Institut vertritt auch die Rechte der Ureinwohner, in deren Reservate die Goldgräber eingedrungen sind.

Fehlende Kontrollen

Die Klage der Staatsanwaltschaft ist ein großer Schritt, denn jahrelang hatten die Behörden weggeschaut. Sie hatten weder die Kapazität noch Interesse an Ermittlungen. Nur wenn es zu Schießereien zwischen den Schürfern kam, rückte die Polizei an. Doch um die massiven Umweltschäden und die Rechte der indigenen Bevölkerung kümmerten sich die Behörden nicht. Das Problem seien fehlende Kontrollen, sagte José Maria de Oliveira vom Institut Chico Mendes: "Das wissen auch die Goldschürfer."

Dabei sind die Goldgräber nur die Vorhut für eine noch größere Umweltzerstörung. Es folgen Landebahnen für Flugzeuge, aus Schneisen im Urwald werden Straßen. Nach den "garimpeiros" kommen die Holzmafia und Viehzüchter. Riesige Flächen Regenwald gingen auf diese Weise für immer verloren.

Im vergangenen Jahr stieg die illegale Abholzung des Amazonas-Urwaldes wieder sprunghaft an. Rund 29 Prozent mehr kahle Fläche als 2015 machten die Satellitenaufnahmen der Umweltbehörde Ibama sichtbar. Zwischen August 2015 und 2016 wurden knapp 8.100 Quadratkilometer Regenwald für immer zerstört.

Keine Steuereinnahmen

Itaituba, mitten im Amazonas gelegen, gilt heute als "Hauptstadt" der Goldschürfer. Die Stadt mit rund 98.000 Einwohnern hat sich ganz auf die Bedürfnisse der "garimpeiros" eingestellt. Bars und Bordelle eröffneten am Stadtrand, Supermärkte bieten Schaufeln und Wasserpumpen zum Goldschürfen an. Mit Goldnuggets kann bezahlt werden.

Zweifelhafte Zwischenhändler kaufen das illegal geschürfte Gold auf. Danach wird es eingeschmolzen. Seine wirkliche Herkunft ist dann kaum noch nachvollziehbar. Geschätzt mehr als 10.000 Goldschürfer sind in der Region am Rio Tapajós aktiv – wie viele genau, weiß noch nicht einmal die Stadtverwaltung. Da die meisten Aktivitäten illegal sind, hat sie auch keine zusätzlichen Steuereinnahmen.

Carlos Botelho da Costa, zuständig für Bergbau in der Regionalregierung des Staates Pará, will eine Legalisierung der Minen durchsetzen. "Nur so können wir eine wirksame Kontrolle durchsetzen, Abgaben einheben und Umweltschäden vermeiden", sagt er.

Gewalt und Krankheiten

Für die Bewohner der kleinen Dörfer und die Ureinwohner sind die Goldgräber keineswegs ein Segen. Sie beklagen die zunehmende Gewalt und verdreckte Camps, die Ungeziefer und Krankheiten anziehen. Um Gold von Eisenerz zu trennen, wird immer noch Quecksilber verwendet, das die Flüsse schwer verseucht und gesamte Fischpopulationen aussterben lässt. Dorfbewohner, die sich beschweren, werden eingeschüchtert, bedroht oder vertrieben.

"Das Gold zieht Gier an. Wo es Gold gibt, kommt Gewalt dazu", bestätigt der örtliche Polizeidirektor Sílvio Mauês. Die Mordrate habe sich mehr als verdoppelt. "Wenn es ein Problem unter 'garimpeiros' gibt, wird sofort gehandelt", erklärt der Goldschürfer Ivo Lubrinna de Castro das "ungeschriebene Gesetz". Justiz und Polizei würden zu langsam zusammenarbeiten. Dann sei das Gold schon von anderen geschürft worden, erklärt er. "Probleme werden mit der Pistole oder mit Messern gelöst", sagt de Castro, der seit mehr als 40 Jahren vom Goldschürfen lebt. (Susann Kreutzmann aus São Paulo, 4.5.2017)