Erniedrigungen, Gewaltrituale, sexuelle Nötigung, Verdacht eines rechtsextremen Netzwerks – was man über die Bundeswehr in jüngster Zeit lesen und hören konnte, klingt wie ein Katalog des Grauens. Man kann verstehen, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mal die Schnauze voll hatte.

Schließlich war sie von Kanzlerin Angela Merkel als erste Frau an die Spitze der Truppe gestellt worden, um diese zu einem modernen Arbeitgeber zu machen – zumal die Wehrpflicht ja ausgesetzt ist und die Bundeswehr mit privaten Arbeitgebern konkurrieren muss. Von der Leyen wusste damals schon: Wenn sie das schafft, dann erhöht das ihre Chancen im Rennen um die Merkel-Nachfolge.

Völlig unverständlich ist aber der Frustabbau der Ministerin, der im aktuellen Fall, Stichwort Rechtsextremismus, in folgender Aussage gipfelte: "Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem." Da konnte von der Leyen noch so viele Beteuerungen nachschieben, dass natürlich die übergroße Mehrheit der Soldaten einen guten Job mache.

Sie hat "ihre" Truppe angepatzt, hat versucht, von eigener Führungsschwäche abzulenken und den Schwarzen Peter anderen zuzuschieben. So etwas kommt nie gut an, schon gar nicht in einer Organisation, die Werte wie Korpsgeist und Disziplin hochhält. Dass Merkel nun von der Leyen ganz dezidiert das Vertrauen aussprechen muss, stärkt sie nicht. Es zeigt vielmehr, wie sehr sie gerade schwächelt. (Birgit Baumann, 3.5.2017)