Für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat "die Wehrmacht rein gar nichts mit der Bundeswehr gemein" .

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Eigentlich hätte sie ja am Mittwoch in die USA reisen wollen. Doch dann sah sich die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gezwungen, eine etwas weniger weite Reise anzutreten und dem Bundeswehrstandort im französischen Illkirch einen Besuch abzustatten. Dort war Franco A. tätig gewesen, bevor er verhaftet wurde. Er soll ein Doppelleben als Bundeswehrsoldat und als "syrischer Flüchtling" geführt haben. Die Ermittler werfen ihm vor, einen Terroranschlag geplant zu haben.

Von der Leyen interessierte in Illkirch vor allem eines: Wie konnte es passieren, dass der Mann dem MAD (Militärischer Abschirmdienst) nicht auffiel – zumal er schon in seiner Masterarbeit rassistische Thesen geäußert hatte. "Das waren ganz extremistische Äußerungen, die sehr drastisch und hart waren. Da ist ganz klar ein Fehler unterlaufen", räumte ein Sprecher von der Leyens am Mittwoch ein und betonte auch: "Heute ist es verwunderlich, dass damals der MAD nicht eingeschaltet wurde." Es blieb bei einer Ermahnung von Franco A.

Die Ministerin selbst kündigte einmal mehr die Aufklärung der Affäre an und ließ sich dort auch jenen Gemeinschaftsraum zeigen, in dem Wehrmachtsbilder und ein Sturmgewehr mit eingeritztem Hakenkreuz gefunden worden waren. Sie erklärte: "Die Wehrmacht ist in keiner Form traditionsstiftend für die Bundeswehr. Einzige Ausnahme sind einige herausragende Einzeltaten im Widerstand. Aber sonst hat die Wehrmacht nichts mit der Bundeswehr gemein." Angela Merkel stehe zu von der Leyen, sagte ein Regierungssprecher.

Mehrere deutsche Medien berichten, dass Franco A. zudem ein ganzes Netzwerk um sich hatte. Ermittler interessieren sich auch für einen zweiten Soldaten aus der Kaserne im elsässischen Illkirch sowie für einen Reservisten, der in Österreich leben soll.

Laut der Tageszeitung Die Welt hatte Soldat Franco A. neben Einzelpersonen auch religiöse Verbände und Menschenrechtsaktivisten im Visier. BKA-Fahnder hätten in einem Taschenkalender des Verdächtigen eine Art "Todesliste" mit potenziellen Anschlagszielen, darunter der Zentralrat der Juden und der Zentralrat der Muslime, gefunden.

18 Entlassungen von Soldaten

Zudem gebe es Einträge zu Politikern und Menschenrechtsaktivisten. Neben Vizebundestagspräsidentin Claudia Roth (Grüne) soll darin auch der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und die Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, zu finden sein. Franco A. soll auch Aktionen geplant haben, es findet sich die Notiz: "Sprengung Rothschild-Stein in Frankfurt". Auch erwähnt werde die deutsche Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck: "Wenn Frau Haverbeck ins Gefängnis, dann Befreiungsaktion."

In Deutschland sind zwischen 2012 und 2016 18 Militärangehörige vorzeitig wegen Rechtsradikalismus aus der Armee entlassen worden. Außerdem bearbeitet der MAD derzeit 280 Verdachtsfälle aus dem Bereich Rechtsextremismus. (Birgit Baumann aus Berlin, 4.5.2017)