Bild nicht mehr verfügbar.

Patientin in einem MRT-Gerät: eine solche Untersuchung dient unter anderem zur Krebsdiagnostik.

foto: dapd/millauer

Wien/Klagenfurt – Für Volksanwalt Günther Kräuter ist es "ein Missstand, der unter den Nägeln brennt" und der Anlass vieler Beschwerden sei. Doch ob, wie angekündigt, für baldige Abhilfe gesorgt ist, sei nicht mit Sicherheit zu sagen: Die zum Teil monatelangen Wartezeiten für Kassenpatienten bei den unter anderem in der Krebsdiagnostik eingesetzten Magnetresonanz- oder Computertomografie-Untersuchungen seien nach wie vor Realität.

"Wer nicht über Einfluss oder Beziehungen verfügt oder ein paar Hundert Euro zahlen kann, muss sich gedulden. Das ist klassische Zweiklassenmedizin", sagte Kräuter bei der Präsentation des Jahresberichts der Volksanwaltschaft am Mittwoch in Wien. Dabei gibt es seit heurigem März eine Einigung zwischen Vertretern der Radiologieinstitute, der Wirtschaftskammer und der Sozialversicherung, laut der Patienten ab 2018 auf CTs höchstens zehn, auf MRTs maximal 20 Tage warten dürfen.

WGKK: Chefarztpflicht neu

Doch die Volksanwaltschaft habe sie trotz Nachfragen bisher nicht erhalten. Und die vor einer Woche von der Wiener Gebietskrankasse (WGKK) wieder eingeführte Chefarztpflicht für CT und MRT führe "zu neuerlichen Grundsatzdiskussionen". Sollte es bis Sommer keine klare Vertragslösung geben, werde sich die Volksanwaltschaft wie die Bundesregierung auch für ein entsprechendes Bundesgesetz starkmachen.

Besagter Vertrag lässt tatsächlich noch auf sich warten: "Die im März verkündete Einigung war eine Absichtserklärung, ein Letter of intent", sagte am Mittwoch Dieter Holzweber, Sprecher des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, am Mittwoch zum STANDARD. Nun gelte es besagte "Punktuation" in Vertragsform zu gießen – und zwar mit jeder Krankenkasse einzeln, wobei bisher allein bei der WGKK Kritik laut geworden sei.

In Österreich gibt es insgesamt 13 Krankenkassen: die neun Landesgebietskrankenkassen sowie die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, jene der Gewerbetreibenden und jene der öffentlich Bediensteten. Holzweber: "Bis Sommer werden die Verträge aber, so denke ich, stehen."

18.492 Beschwerden

Insgesamt haben sich im Jahr 2016 bei der Volksanwaltschaft, die Missständen in der Verwaltung nachgeht, 18.492 Menschen beschwert. In rund der Hälfte der Fälle – konkret 9268 – wurde ein Prüfverfahren eingeleitet. Im Bereich der Bundesverwaltung wurde 6121-mal geprüft, am häufigsten in Belangen der inneren Sicherheit – und hier wiederum beim Vollzug der Asylgesetze an Flüchtlingen. Im Bereich der Landes- und Gemeindeverwaltung, die 2016 mit 3147 Beschwerden zu Buche schlugen, betrafen 798 Fälle Mindestsicherungs-, Jugendwohlfahrts-, Grundversorgungsfragen und Probleme von Menschen mit Behinderung.

522-mal wurden 2016 die sechs Besuchskommissionen der Volksanwaltschaft tätig; bei der präventiven Menschenrechtskontrolle, die die Einhaltung der Menschenrechte schützen und fördern soll.

Psychiatrie ohne Reintegration

In Kärnten kamen sie dabei fortgesetzter Diskriminierung und Fehlbehandlung von rund 700 Menschen mit psychischen Erkrankungen auf die Spur. Diese sind in ländlichen Gegenden in vielfach privat geführten sogenannten Zentren für Psychosoziale Rehabilitation (ZPSR) untergebracht – und seien, so Kräuter, explizit vom Recht auf psychosoziale Betreuung und Rehabilitation ausgeschlossen: Niemand kümmere sich um ihre Reintegration in die Gesellschaft.

Zwar, so Kräuter, habe das Land Kärnten einen Etappenplan erarbeitet, um dies zu ändern: "Doch umgesetzt wurde bisher nichts." Im Büro der zuständigen Kärntner Landesrätin Beate Prettner (SPÖ) widerspricht man: "Wir gehen Schritt für Schritt vor", heißt es dort.

"Experiment" an Häftlingen

Auf einen Konflikt mit der Justiz wegen eines Forschungsprojekts mit Häftlingen wies Volksanwältin Gertrude Brinek hin: Im Maßnahmenvollzug am Mittersteig seien im Rahmen eines jahrelangen "ärztlichen Experiments" Häftlingen verdünnte Tropicamid-Augentropfen eingeträufelt worden. Von ihren Pupillen habe man auf ihre emotionalen Reaktionen schließen wollen. Das misslang, das Projekt endete 2016.

Gesetzlich sei das "absolut verboten", sagte Brinek. Im Justizministerium sieht man das anders: Es habe sich "um kein ärztliches Experiment" gehandelt. (bri, 4.5.2017)