24 unterschiedliche Wohnungstypen wurden in der Terrassenhaussiedlung in Graz übereinandergestapelt. Gemeinsam mit 522 Wohnungsbesitzern planten die Architekten die Wohnungen im Detail.

Foto: Werkgruppe Graz / Helmut Tezak

Die Terrassenhaussiedlung im Stadtteil St. Peter ist weit über die Grenzen von Graz hinaus bekannt: Mit 522 Wohneinheiten auf bis zu zwölf Stockwerken ist der Sichtbetonbau, der 1978 fertiggestellt wurde, nicht zu übersehen. Das dürfte einer der Gründe dafür sein, dass die Terrassenhaussiedlung nicht bei allen Grazerinnen und Grazern positive Assoziationen hervorruft. Eugen Gross, Architekt der Werkgruppe Graz, die das Projekt einst konzipierte, erklärt das so: "Das Erscheinungsbild ist für viele ein bisschen sehr überraschend. Aber uns war die Verbindung des Bauwerks mit der Natur wichtig. Dafür hat sich der Sichtbeton gut geeignet."

Während Außenstehende skeptisch reagieren, gefällt es den Bewohnern offenbar: Manche wohnen seit 40 Jahren hier, frei werdende Wohnungen würden oft innerhalb der Anlage weitervermittelt, berichtet Andrea Jany vom Institut für Wohnbauforschung. Sie ist gemeinsam mit der Architekturpsychologin Christina Kelz-Flitsch die Projektleiterin des vor kurzem gestarteten Projekts SONTE. Die Abkürzung steht für Sondierungsprojekt Terrassenhaussiedlung. Bis Februar 2018 soll damit ein Modernisierungskonzept für die Wohnanlage erarbeitet werden.

Arbeit mit Bewohnern

Das Besondere daran: So wie auch die Wohnungen vor 40 Jahren mithilfe der Bewohner geplant wurden, wird auch nun auf deren Partizipation gesetzt. Architekt Gross und weitere Projektpartner aus den unterschiedlichsten Fachbereichen (siehe Infokasten, Anm.) sind mit dabei. Vor wenigen Wochen fand ein Kick-off-Workshop für die Bewohner statt. Wenig später flatterten ihnen dann Fragebögen ins Haus, mit denen nun ein Stimmungsbild in der Terrassenhaussiedlung erhoben werden soll. Von Interesse ist beispielsweise, ob es in den Wohnungen Probleme mit Feuchtigkeit und Schimmel gibt. Auch das Mobilitätsverhalten und der Energieverbrauch werden abgefragt.

Geplant sind auch Interviews und Workshops. Außerdem gibt es seit kurzem wöchentliche Sprechstunden des Projektteams in der Wohnanlage, zu denen die Bewohner mit ihren großen und kleinen Problemen kommen können. "Wir hatten schon erste intensive Gespräche", sagt Jany.

Was die Bewohner der Terrassenhaussiedlung ihrer Einschätzung nach besonders beschäftigt: das Gesamtbild der Wohnhausanlage und die individuelle Gestaltung der Freiflächen. Ein weiteres großes Thema sei die Parksituation: Jede Wohnung verfügt über einen Stellplatz in der Parkgarage – viele Haushalte würden heute aber zwei Autos besitzen. Architekt Gross sieht auch Defizite, was die heutigen Ansprüche an die Wärmedämmung angeht, und hofft auf eine Erweiterung der E-Mobilität in der Terrassenhaussiedlung.

Erste Lösungsvorschläge

Bis zum Sommer sollen die Fragebögen ausgewertet und den Bewohnern präsentiert werden. Als nächster Schritt sind dann erste Lösungsvorschläge für die drängendsten Probleme von den beteiligten Experten geplant, bis zum Ende der Projektlaufzeit im Februar kommenden Jahres soll es dann einen Katalog mit einem Leitfaden über die nächsten 40 Jahre der Terrassenhaussiedlung geben. "Darin soll beispielsweise auch stehen, was in zehn, 20 oder 30 Jahren gemacht werden sollte", sagt Wohnbauforscherin Jany.

Auch wenn es nun Erneuerungsbedarf gibt: Das Konzept der Terrassenhaussiedlung findet Jany nach wie vor zeitgemäß, etwa, was die verkehrsberuhigte Innenhofsituation, die großen Freiflächen und die unterschiedlichen Wohnungsformen angeht: "Ich bin immer wieder verblüfft, was diese Wohnungen können."

Warum es bei einigen wenigen Terrassenhaussiedlungen in Österreich geblieben ist? "In den 1970er-Jahren gab es einige Hochhausbrände in Europa", sagt Architekt Gross. Daher sei der Bau von Wohnhochhäusern eingeschränkt worden. Auch die Fördersituation habe sich geändert.

Hoffnung auf Signalwirkung

Das Projektteam hofft nun, mehr als nur eine Erneuerung der Terrassenhaussiedlung anzuregen: Die Aversion gegen Hochhäuser habe sich gewandelt, so Gross, der darin auch eine Antwort auf den großen Bedarf an Wohnraum in Graz sieht: "Es wäre durchaus möglich, solche Konzepte als gemischte Typologie wieder zu realisieren." Auch Jany hofft auf Signalwirkung: "Wir wollen anstoßen, dass auch in der Steiermark die Bewohner wieder mehr in die Planung eingebunden werden." (Franziska Zoidl, 7.5.2017)