Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit Generalinspekteur Volker Wieker am Mittwoch in Illkirch.

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Volker Wieker will sich nicht festlegen, ob hinter dem wegen Terrorverdachts festgenommenen Oberleutnant Franco A. eine größere Organisation steht. Er könne derzeit nicht sagen, ob der 28-jährige Offizier Teil eines rechtsextremen Netzwerkes sei, sagte der Generalinspekteur der deutschen Bundeswehr am Donnerstag.

Die Ermittlungen gegen A. führe das Bundeskriminalamt, der Generalbundesanwalt habe die Leitung an sich gezogen. "Wir stehen gewissermaßen im zweiten Glied", sagte Wieker. "Aber parallel versuchen wir natürlich, das soldatische Umfeld dieses Verdächtigen auszuleuchten."

Wieker erklärte, dass die "Selbstreinigungskräfte" in den Streitkräften nur unzureichend funktionierten. Er habe die Sorge, dass diese "nicht so zur Wirkung gelangen, wie wir uns das alle wünschen". Daher müsse nun aufgeklärt werden, ob es bei der Bundeswehr einen "übertriebenen Korpsgeist" gebe.

Der Oberleutnant war der österreichischen Polizei aufgefallen, weil er in einer Wiener Flughafentoilette eine geladene Pistole versteckt hatte und Anschläge geplant haben soll. Darüber hinaus führte er ein Doppelleben als "syrischer Flüchtling".

Ministerin bestellt Offiziere ein

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will die Ursachen für das Versagen von Kontrollen gegen Rechtsextremismus in ihrem Ressort aufdecken. Sie hat für Donnerstag hundert Generäle und Admirale, darunter auch Wieker, nach Berlin beordert. Ein angekündigter Fototermin wurde kurzfristig abgesagt.

In seiner von der französischen Militärakademie in Saint-Cyr abgelehnten Masterarbeit "Politischer Wandel und Subversionsstrategie", die dem STANDARD vorliegt, schwadroniert A. über Handelsbeziehungen zwischen Israel und Europa zu alttestamentarischen Zeiten (In Bezug auf Jesaia 24, 7–9 schreibt er, "Die Trommel, die Harfe, der Wein und das Bier stehen für die europäischen Kulturen"), zieht selbsterstellte Umfragen über die "Durchmischung unserer westlichen Gesellschaften" als Quelle heran ("Das Muster aus Paris umfasst mehr als dreißig Exemplare und kann damit als repräsentativ betrachtet werden. Das Muster aus London erfüllt mit nur 27 Exemplaren diese Voraussetzung nicht") und interpretiert Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 als "Subversion", deren Ziel "die Durchmischung der Rassen, Nationen und Religionen" sei.

Warnung vor Erasmus-Programm

Das Erasmus-Programm, das die Mobilität Studierender aus EU-Staaten fördert, indem es ihnen ein Auslandssemester ermöglicht, hat für ihn einen einzigen Sinn: "die innereuropäische Vermischung, um ein Volk für einen noch nicht bestehenden Staat zu schaffen".

In Österreich, wo Franco A. den Wiener Offiziersball besucht hat, sieht man keine Gefährdung durch Rechtsextreme beim Bundesheer: "Vielfältige Maßnahmen verhindern, dass extremistische Strömungen innerhalb des Bundesheeres wirksam werden können", erklärte Michael Bauer, der Sprecher des Verteidigungsministeriums, am Donnerstag. Außerdem verhindere die sechsmonatige "Probezeit" für Bewerber als Berufssoldaten, dass "extreme Positionen Platz greifen".

Das Bundesheer sah sich im Februar dieses Jahres heftiger Kritik ausgesetzt, weil Sympathisanten der rechtsextremen Identitären Bewegung in Braunau an einem Schießwettbewerb teilnehmen durften. (bed, 4.5.2017)