Auch die Fortschritte in Sachen Künstlicher Intelligenz stellen nicht nur neue Chancen, sondern auch erhebliche Risiken dar.

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Längst bestimmen die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien unseren Alltag. Dieser Text hier erscheint nur online, und Sie lesen ihn auf dem Bildschirm Ihres Computers, Smartphones oder Tablets. Doch welche Folgen hat die rapide Digitalisierung für unseren Alltag und unser Arbeitsleben? Wie wirkt sie sich auf die Politik, auf die Öffentlichkeit und unsere Privatheit aus?

Diesen und vielen anderen Fragen wird sich im Juni die Europäische Kommission bei einer Gipfelkonferenz zum Thema "Next Generation Internet" widmen. Und zur Vorbereitung auf die Tagung startet die von der EU unterstützte Öffentlichkeitsplattform "REIsearch" eine Online-Umfrage, um die Meinung von EU-Bürgern und Fachleuten zu hören.

"Der Standard" nimmt als eine von acht Zeitungen (je eine Zeitung pro Land; in Deutschland die "FAZ", in Spanien "El País", in GB "The Guardian") daran Teil und verlinkt zum vierteiligen deutschsprachigen Fragebogen. Die Antworten kommen nicht nur Politikern, sondern vor allem auch wissenschaftlichen Experten zugute, die in Europa an der Zukunft des Internets arbeiten.

Veränderungen durch Onlife-Ära

Heute haben fast vier Milliarden Menschen einen Online-Zugang, und viele von uns leben längst in der "Onlife-Ära", in der die Grenzen zwischen unserer Online- und Offline-Identität immer mehr verschwimmen. Für viele stellt das eine der größten Veränderungen in der Geschichte der Menschheit dar, mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Wirtschaft, unsere Lebensweise, aber auch unsere Individualität.

Das sieht auch der kürzlich veröffentlichte Bericht der "OnLife"-Initiative der Europäischen Kommission so: "Wir haben eine neue Phase des Informationszeitalters betreten, eine Phase, in der die Hybridisierung zwischen Bits und anderen Formen der Realität so tief ist, dass sie die menschliche Existenz radikal verändern wird." Die Experten diagnostizieren mehrere Entwicklungen: Erstens werden die Unterscheidungen zwischen Realität und Virtualität weiter verschwimmen. Zweitens werden die Grenzen zwischen Mensch, Maschine und Natur unklar. Drittens wird weniger Informationsmangel als Informationsüberfluss zum Problem. Und zu guter Letzt werden Interaktionen wichtiger als Entitäten.

Chancen und Risiken der KI

Man versteht das Ausmaß der Auswirkungen der Onlife-Ära erst umfassend, wenn man die rezenten Durchbrüche in der Künstlichen Intelligenz berücksichtigt, die seit Jahren eine Domäne der akademischen Forschung war, aber sich dank der massiven Investitionen von Giganten des Silicon Valley in voller Expansion befindet: Man denke an Google mit seinem DeepMind-Projekt, aber auch Apple mit Siri, IBM mit dem Watson-Supercomputer, Microsoft mit Cortana und Amazon mit Alexa.

Die Aussichten der Onlife-Ära sind aber nicht nur rosig. "Ein Durchbruch bei der Schaffung von KI wäre das größte Ereignis in der Geschichte der Menschheit", sagte einmal der Physiker Stephen Hawking, der selbst im täglichen Leben ganz besonders auf Informations- und Kommunikationstechnologie angewiesen ist. "Leider könnte es auch das letzte sein, wenn wir nicht lernen, wie man die Risiken vermeidet. Man kann sich vorstellen, dass eine solche Technologie Finanzmärkte überlistet, Erfindungen menschlicher Forscher übertrifft, menschliche Führer austrickst und Waffen entwickelt, die wir nicht einmal verstehen können. Während die kurzfristigen Auswirkungen von KI davon abhängen, wer sie kontrolliert, werden die langfristigen Auswirkungen davon abhängen, ob sie überhaupt kontrolliert werden kann."

Neue Grundrechte für das Internetzeitalter

Aus diesen Gründen arbeiten Experten an neuen Grundrechten für die Bürger der Onlife-Ära – wie etwa die vor kurzem im italienischen Parlament vorgeschlagenen Internet-Zusatzartikel zur Verfassung. Diese Rechte erstrecken sich weit über die Privatsphäre hinaus und umfassen auch das "Recht, unsere Aufmerksamkeit zu konzentrieren", was von Experten als "wesentliche und notwendige Bedingung für Autonomie, Verantwortung, Nachdenklichkeit, Pluralität, engagierte Präsenz und Gespür für Bedeutung" identifiziert wurde.

Diese neuen Ansätze sind – obwohl komplex – zu wichtig, um sie einfach Experten zu überlassen und erfordern eine stärkere Beteiligung der Bürger, um Regulierer über ihre tatsächlichen Bedürfnisse und Anliegen zu informieren. Aus diesem Grund bitten wir Sie um Ihre Meinung, hier im Forum und mittels Fragebogen. (tasch, 4.5.2017)

Hier gehts zum Fragebogen: Wie lassen Technologien die Grenzen zwischen Online- und Offline-Welten verschwimmen?