Es war sehr schön, es hat ihn sehr gefreut: Sie muss nun Akzente setzen. Eine blau-gelbe Demokratiereform, die den Namen verdient, wäre ein Anfang.

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Stärkung der Minderheitenrechte, mehr Transparenz, ein nagelneues Demokratiepaket für Niederösterreich: Die neue Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ist wahrlich nicht zimperlich in ihren Ankündigungen. Es scheint, als wolle sie klotzen statt kleckern. Sogar ein "neues Miteinander aller Kräfte im Land" hat sie bei ihrer Angelobung beschworen.

Ist es da kleinlich von der Opposition, dass sie skeptisch bleibt? Nicht wirklich. Allzu oft seien Reformen in den vergangenen Jahren nur angekündigt und dann schubladisiert worden, beklagten etwa Grüne und FPÖ im Gespräch mit dem STANDARD. Die mit absoluter Mehrheit regierende ÖVP habe immer gleich absolutistisch regiert. Und deren politisches Personal habe nun, mit Ausnahme der Spitzenfunktion, nicht wirklich gewechselt. Zudem muss der ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger erst einen Vorschlag unterbreiten, schauen wir mal, dann sehen wir schon.

Da ist was Wahres dran.

Proporz als Problem

Dennoch: Mikl-Leitner wird gut beraten sein, ein Reformpaket zu präsentieren, das den Namen verdient. Und sie sollte noch einen Schritt weiter gehen und den Proporz im Land abschaffen, ein Relikt der Zwei-Parteien-Konsensdemokratie nach dem Zweiten Weltkrieg. Will sie wirklich etwas ändern, kann sie das nur jetzt tun. Jetzt ist sie stark – vom in der niederösterreichischen ÖVP hochverehrten Erwin Pröll persönlich auf den Schild gehoben. Und sie sollte etwas ändern, etwas Gravierendes: Nur so kann Mikl-Leitner aus den Fußstapfen, in die sie getreten ist, herauswachsen.

Noch ein weiterer Effekt wird eintreten: Es wird innerparteilichen Widerstand geben, vor allem gegen die von ihr angekündigte Geheimhaltungsregel für alle in der Landesregierung getroffenen Beschlüsse. Diese Regel führt direkt zur Erwin-Pröll-Privatstiftung, die alle beschlossen haben und über die dann keiner reden wollte.

Distanz zur Stiftung

Von dieser Stiftung muss sie sich distanzieren – sonst wird dieses Problem das ihre. Da können Prölls Getreue noch so sehr dagegen wüten, die Sache wirkt dubios. Mikl-Leitner muss trachten, dass der Schatten, der Prölls Amtszeit am Ende eingeholt hat, sie nicht verschlingt.

Am Widerstand ihrer Parteikollegen kann sie erkennen, wer bereit ist, ihren Weg fortzusetzen – und wer sie lediglich als willige Statthalterin Prölls auf Lebenszeit betrachtet. Letzteres kann nicht ihr Bestreben sein, denn Statthalter werden bestellt, nicht gewählt.

Eigene Konturen

An dem Eindruck, den Mikl-Leitner hier hinterlässt, an den Konturen, die sie gewinnt, werden sie Niederösterreichs Wählerinnen und Wähler letztlich messen. Mikl-Leitner ist politisch erfahren genug, diese Gefahr zu erkennen. Jahre im Landtag, als Prölls "Thronfolgerin" haben sie gehärtet, das Amt der Innenministerin in der Flüchtlingskrise hat sie gestählt.

Sie hätte jetzt die Chance, Niederösterreich zu öffnen, zu modernisieren und zu demokratisieren, sie sollte sich von den eigenen Leuten nicht die Schneid’ abkaufen lassen. Das würde dem Land weit über seine Grenzen hinaus gut tun. (5.5.2017, Petra Stuiber)