Generalleutnant Sergei Rudskoi bei einer Pressekonferenz am Freitag

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Moskau – In den von Russland, der Türkei und dem Iran vereinbarten Schutzzonen im Bürgerkriegsland Syrien sollen nun die Waffen schweigen. Mit dem Beginn des Samstag (Freitag, 23.00 Uhr MESZ) trete das Memorandum über die Einrichtung von vier Zufluchtszonen für Zivilisten in Kraft, hatte der russische Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin am Freitag in Moskau angekündigt.

Die russische Luftwaffe habe seit dem 1. Mai keine Angriffe mehr in diesen Gebieten geflogen, sagte Vize-Generalstabschef Sergej Rudskoi.

Russland, die Türkei und der Iran hatten am Donnerstag im kasachischen Astana ein Memorandum über die Einrichtung von vier Schutzzonen in Syrien unterzeichnet. Die Vereinbarung trete um Mitternacht in Kraft, teilte das Moskauer Verteidigungsministerium am Freitag laut russischen Nachrichtenagenturen mit.

Eine erste solche Zone zum Schutz von Zivilisten umfasse im Norden die Provinz Idlib sowie angrenzende Bezirke von Latakia, Aleppo und Hama. Dort lebten insgesamt mehr als eine Million Menschen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Kollege Rex Tillerson erörterten unterdessen nach Angaben von Lawrows Ministerium, wie die Lage in Syrien nach den jüngsten Entwicklungen stabilisiert werden könne.

Flugverbot für Anti-IS-Allianz

Russland will die Zonen auch für die Kampfjets der US-geführten Anti-IS-Allianz sperren. Der Einsatz von Flugzeugen der internationalen Koalition werde in diesen Gebieten keinesfalls gestattet sein, sagte Russlands Gesandter bei den Syrien-Gesprächen in Kasachstan, Alexander Lawrentiew, der Nachrichtenagentur Interfax. Moskau als einer der Garanten der Vereinbarung werde dies "genau überwachen". Die Anti-IS-Allianz wird in dem Abkommen nicht erwähnt. Dem Kreml zufolge sollen die Zonen der "weiteren Befriedung und der Einstellung der Kämpfe" dienen.

Der Einsatz des US-Militärs in Syrien wird nach Darstellung des Pentagons nicht durch die geplanten Schutzzonen in dem Bürgerkriegsland beeinträchtigt. Die Zonen erstreckten sich nicht über Gebiete, in denen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aktiv sei, sagte Pentagon-Sprecher Jeff Davis am Freitag in Washington.

"Unsere Operationen fokussieren sich auf den IS, der weiter östlich ist", erklärte er. "Wir haben unsere Mission in keiner Weise geändert.

Deutsche Bedenken

Die deutsche Bundesregierung begrüßte den Schutzzonen-Plan grundsätzlich, äußerte aber auch Bedenken. Die Initiative könne zur Reduzierung der Gewalt beitragen und "endlich dringend benötigte humanitäre Hilfe" in den Gebieten ermöglichen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Insbesondere Russland müsse aber sicherstellen, dass sich auch die syrische Regierung an die Vereinbarung halte. Damaskus müsse die Flugverbotszonen respektieren und den Hilfsorganisationen freien Zugang gewähren.

Als problematisch bezeichnete es Seibert, dass auch der Iran "als Kriegspartei" verantwortlich für die Überwachung des Abkommens sei. Teheran unterstützt wie Moskau die Truppen des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad.

USA gegen Iran-Beteiligung

Auch die USA hatten zurückhaltend auf die Initiative reagiert und insbesondere die Beteiligung Teherans kritisiert. Gleichzeitig äußerte das Außenministerium in Washington die Hoffnung, dass die Vereinbarung zu einem Rückgang der Gewalt beitragen könne. An dem Abkommen waren weder die syrische Regierung noch die Rebellen beteiligt, mehrere Oppositionsvertreter verließen in Astana während der Unterzeichnung aus Protest den Saal.

Nach Angaben des Auswärtigen Amts sind noch viele Fragen zur Umsetzung des Plans offen. Es kursierten verschiedene Versionen des Memorandums, sagte eine Ministeriumssprecherin in Berlin. Einerseits solle bereits am Samstag ein Waffenstillstand in den Schutzzonen gelten, andererseits solle das endgültige Abkommen erst nach weiteren Verhandlungen am 4. Juni stehen.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres begrüßte den Schutzzonen-Vorstoß. Entscheidend sei aber, dass die Vereinbarung "wirklich das Leben der Syrer verbessert", erklärte sein Sprecher am Donnerstag in New York. Der UN-Syriengesandte Staffan de Mistura sprach von einem "wichtigen, vielversprechenden, positiven Schritt in die richtige Richtung".

Washington dringt laut einem Bericht auf eine direkte Beteiligung der Nato am Kampf gegen den IS. Die USA hätten beim Treffen der Nato-Botschafter am vergangenen Mittwoch beantragt, dass die Allianz der internationalen Anti-IS-Koalition formell beitreten solle, berichtet der "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe. Schon heute sind viele Nato-Staaten Mitglieder der US-geführten Militärkoalition, nicht aber das Bündnis als solches. Deutschland und Frankreich lehnen dem Bericht zufolge einen formellen Beitritt der Nato ab. (APA, AFP, 5.5.2017)