Das offizielle Österreich war unter anderem durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nationalratspräsidentin Doris Bures und Bundeskanzler Christian Kern vertreten.

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"Wir wollen nach erlangter eigener Freiheit und nach Erkämpfung der Freiheit unserer Nationen die internationale Solidarität des Lagers in unserem Gedächtnis bewahren und daraus unsere Lehren ziehen", verkündeten die Überlebenden des KZ Mauthausen in ihrem Schwur am 16. Mai 1945.

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Wie schon im Vorjahr zogen die Delegationen der verschiedenen Opferverbände gemeinsam vom Appellplatz des Lagers aus.

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Wien/Mauthausen – Rund 7.000 Menschen aus aller Welt haben am Sonntag in Mauthausen der Befreiung des ehemaligen Konzentrationslagers vor 72 Jahren gedacht. Die Veranstaltung, die europaweit größte ihrer Art, stand unter dem Motto "Internationalität verbindet". Erstmals gestalteten Jugendliche einen Empfang für Überlebende.

Man habe das Thema mit Bedacht gewählt, sagte Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen-Komitees Österreich. Nationale Perspektiven seien derzeit bestimmend. "Mit der Erhöhung der eigenen Wichtigkeit werden andere Positionen lächerlich gemacht", warnte er. Internationalität werde als Bedrohung nationaler Interessen gesehen. Den Zweiflern an der Idee Europa und Hetzern stellte er die NS-Opfer gegenüber, die internationale Solidarität "bewiesen haben in einer Situation, die wir nicht in der Lage sind uns vorzustellen".

"Die Menschen lernen nicht"

"Wir wollen nach erlangter eigener Freiheit und nach Erkämpfung der Freiheit unserer Nationen die internationale Solidarität des Lagers in unserem Gedächtnis bewahren und daraus unsere Lehren ziehen", hatten die Überlebenden des KZ Mauthausen in ihrem Schwur am 16. Mai 1945 verkündet. "Wir sind dem Mauthausen-Schwur verpflichtet", so Mernyi. Es gebe keine Problemstellungen und keine Herausforderungen, die ausschließlich auf nationaler Basis zu lösen seien. Jeder Art von "Nationalismus eine Absage zu erteilen und die Internationalität als obersten Leitgedanken zu verankern, das sind wir den zehntausenden Opfern schuldig".

Insgesamt waren in Mauthausen und seinen Nebenlagern rund 200.000 Personen aus mehreren Ländern interniert, mindestens 90.000 davon starben. Aba Lewit, ein Überlebender, gab der Jugend als Rat mit, zwischen den Zeilen zu lesen, "nicht reinfallen auf Lockungen". "Es ist komischerweise immer das Gleiche, die Menschen lernen nicht", sie würden Versprechungen glauben, dabei sei ein Populist nur ein besserer Faschist.

Van der Bellen: Nationalismus löst kein Problem

Österreichs Politik war durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nationalratspräsidentin Doris Bures, Bundeskanzler Christian Kern (beide SPÖ), Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Innenminister Wolfgang Sobotka, Justizminister Wolfgang Brandstetter (alle ÖVP), Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, Sozialminister Alois Stöger und Staatssekretärin Muna Duzdar (alle SPÖ) vertreten. Für das Land Oberösterreich kamen Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), die Landesräte Birgit Gerstorfer (SPÖ) und Rudi Anschober (Grüne), Landtagspräsident Viktor Sigl und die Dritte Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer.

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"Wir müssen gemeinsam an einer Welt arbeiten, in der Menschenrechte, Freiheit und Respekt gewährleistet sind", sagte Van der Bellen. "Mit Nationalismus, mit der Verletzung der Würde des Menschen, mit der Ablehnung gegenüber allem Fremden löst man kein einziges Problem. Man schafft neue."

Kern: "stärkste Waffen" gegen Chauvinismus und Rassismus

Kern betonte in der Aussendung des Mauthausen-Komitees, "das Gedenken ist uns Verpflichtung und Auftrag". Nationalismus, Chauvinismus und Rassismus, "die auch heute wieder ihre hässlichen Fratzen zeigen, müssen wir mit unseren stärksten Waffen entgegentreten", meinte Kern. "Der Solidarität, der Toleranz und der Zivilcourage, diese Werte stolz zu leben."

"Der Holocaust hat nicht in den Konzentrationslagern begonnen, sondern in der Mitte der Gesellschaft", mahnte Nationalratspräsidentin Bures. "Deshalb müssen wir dort die Widerstandskräfte stärken und für Hoffnung und Zuversicht sorgen, damit so etwas nie wieder passiert."

"Das Gedenken in Mauthausen ermahnt uns alljährlich an unsere Verantwortung, alles dafür zu tun, damit sich das dunkelste Kapitel unserer Geschichte nicht wiederholt", erklärte Vizekanzler Mitterlehner. "'Niemals wieder' muss unsere gemeinsame Devise sein." Man müsse wachsam bleiben, und dafür brauche man auch eine aktive Erinnerungskultur.

Jugendliche gestalten Empfang

Wie schon im Vorjahr zogen die Delegationen der verschiedenen Opferverbände gemeinsam vom Appellplatz des Lagers aus. Anschließend richtete die Gedenkstätte gemeinsam mit Jugendlichen einen Empfang zum Thema "Wir sind die nächste Generation" zu Ehren aller Überlebenden aus. Daran nahmen auch der Bundespräsident und Vertreter der Regierung teil. "Es ist uns wichtig, dass Jugendliche verstehen, was hier passiert ist und was den Ort heute ausmacht", sagte Barbara Glück, die Leiterin der Gedenkstätte. Die 16- bis 17-Jährigen übermittelten ihre persönliche Antwort auf die Frage "Was hat das mit mir zu tun?". (APA, 7.5.2017)