Hansjörg Hofer wurde am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) als neuer Behindertenanwalt Österreichs präsentiert.

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Wäre es nach dem ersten Arzt gegangen, den seine Eltern 1959 nach seiner Geburt konsultiert haben, dann wäre Hansjörg Hofer heute nicht promovierter Jurist und Österreichs neuer Behindertenanwalt, sondern "in jeder Hinsicht verkümmert, denn dann hätte ich keine Förderung gehabt", erzählt der Wiener: "Vergessen S' den Buben, stecken S' ihn in ein Heim", lautete der ärztliche "Rat".

Die Eltern vergaßen lieber den Arzt und schickten ihren Sohn nach einer Volksschule für Kinder mit Behinderungen ins Gymnasium. Zur Vorbereitung darauf schob er noch ein freiwilliges Hauptschuljahr in einer Spezialschule ein, "vor allem, um das Schreiben zu verbessern", denn Hofer wurde mit einer Cerebralparese geboren, die zu gewissen Bewegungseinschränkungen führt.

Nach der Matura studierte er Jus, absolvierte das Gerichtsjahr und fing 1985 im Sozialministerium an, wo seine Karriere Schritt für Schritt nach oben führte, zuletzt war Hofer Vizeleiter der Sektion für Pflegevorsorge, Behinderten-, Versorgungs- und Sozialhilfeangelegenheiten sowie Leiter der Gruppe für Integration von Menschen mit Behinderung. Neben dieser jahrelangen Expertise hat Hofer auch schon praktische Erfahrung als Behindertenanwalt. Er vertrat den scheidenden Amtsinhaber Erwin Buchinger während dessen Väterkarenz. Nun setzte er sich gegen 23 Bewerber durch und wurde symbolträchtig am Freitag, 5. Mai, dem "Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung", als Buchingers Nachfolger präsentiert.

In seiner neuen Funktion will sich Hofer besonders für Bildung als Voraussetzung für Berufstätigkeit, Barrierefreiheit im umfassenden Sinn (räumlich, kommunikativ) und Bewusstseinsbildung vor allem bei Nichtbehinderten einsetzen. Motto: "Jeder kann irgendwas nicht, aber alle können auch irgendwas." Zum Beispiel in einem Alter, in dem andere mit der Schule fertig sind, damit anfangen – wenn sie Unterstützung haben. Die gaben Hofer und seine Frau – Eltern eines Sohns (14) und einer Tochter (12) – auch ihrem afghanischen Patensohn Hasan. Der 27-Jährige kam vor elf Jahren als Analphabet nach Wien, die Hofers begleiteten ihn bis zur Matura, er schloss eine Tischlerlehre ab, "spricht perfekt Deutsch und ist voll integriert".

In seiner Freizeit liest Hofer historische und naturwissenschaftliche Bücher und schaut gern Sport, bevorzugt Fußball (krisenfester Rapid-Fan), Tennis und Golf. (Lisa Nimmervoll, 9.5.2017)